Die Ansichten der revolutionären Kommunisten bezüglich der Wirksamkeit von Wahlen zur Änderung der realen Wirklichkeit einer in Klassen geteilten Gesellschaft, sind seit sehr langer Zeit bestimmt und lassen für keinerlei Zweideutigkeit Raum. Auf taktischer Ebene jedoch - mögliche Wahlbündnisse, usw. - sowie bezüglich der Interventionsachsen im Wahlkampf selbst kann es gemäß der wirtschaftlichen und politischen Lage, den Sorgen und Anliegen der einfachen Bevölkerung, usw., eine große Vielfalt von Situationen geben.
Aus einer Vielzahl guter oder schlechter Gründe, ist die Präsidentschaftswahl sicherlich die politischste Wahl im Frankreich der Fünften Republik. Sie ist jedenfalls diejenige, die die Gesamtheit der Wählerschaft denselben Kandidaten gegenüberstellt und sie beseitigt alles, was lokal, spezifisch und partikular ist, und was den Kandidaten bei Gemeinde-, Kreis- sogar Parlamentswahlen gerade recht kommt.
Die Präsidentschaftswahl 2012 wird nach mehreren Monaten der Finanzkrise, nach einer noch offenkundigeren Wendung zur Sparpolitik als zuvor, mitten in immer heftigeren Angriffen des Bürgertums gegen die Existenzbedingungen der Volksmassen stattfinden. Umso heftigere Angriffe, da das Bürgertum, seine politisch Verantwortlichen und seine denkenden Köpfe von den plötzlichen Stößen und Zuckungen ihrer eigenen Wirtschaft den Kopf verloren haben. Ihre Unfähigkeit die Finanzkrise zu beherrschen, versetzt sie in Schrecken, umso mehr als sie sich andererseits vollkommen bewusst sind, dass die Auswirkungen dieser Krise auf die produzierende Wirtschaft von unvorhersehbarer Schwere sein können.
Die Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit ist schon spürbar. Aber die Rückgänge von einigen Prozent des Bruttosozialprodukts sind für das Großkapital noch nicht gefährlich, selbst wenn sie es bereits für jenen Teil der Arbeiterklasse und ihre Familien sind, die den Arbeitsplatz verloren haben. Muss man daran erinnern, dass der Börsenkrach von Oktober 1929 in den Vereinigten Staaten zum Absturz der Industrieproduktion auf 50 % führte!
Der Wahlkampf ist durch die wirtschaftliche Lage, die Arbeitslosigkeit und die Staatsschulden gekennzeichnet. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass eine Politik Gehör findet, die von den Klasseninteressen der ausgebeuteten Klassen ausgeht.
Zwischen den zwei Kandidaten, Sarkozy und Hollande, zwischen denen entschieden wird, wer für die kommenden fünf Jahre im Élysée-Palast wohnen wird, sind in den grundlegenden Fragen, welche Politik angesichts der Krise durchzuführen ist, die politischen Unterschiede nur gering.
Ihr jeweiliges Vokabular zeichnet sich durch die traditionelle Spaltung zwischen der Linken und der Rechten aus. Dies besonders jetzt, wo Sarkozy sich darauf versteift, vom Front National wieder einen Teil der extrem rechten Wählerschaft für sich zu gewinnen. Dabei bedient er sich einer "ganz nach rechts" orientierten Sprache. Es gibt jedoch nicht zwei politische Richtungen, die sich bekämpfen, von denen eine als günstiger für die Arbeitenden betrachtet werden könnte. Die Spaltung, die sie deutlich machen wollen, bezieht sich auf Worte, auf demagogische Ausrufe, die von beiden Seiten für ihre jeweilige Wählerschaft bestimmt sind. Deutlich betonte Meinungsverschiedenheiten betreffen höchstens einige gesellschaftliche Themen (homosexuelle Ehe, Euthanasie, Wahlrecht der Immigranten bei örtlichen Wahlen usw.).
Aber in dem Krieg auf Leben und Tod, der zwischen dem mit der Krise konfrontierten Bürgertum, das seinen Teil am Volkseinkommen bewahren und steigern will, und den Arbeitern stattfindet, die schon Opfer dieser Angriffe sind, da positioniert sich Hollande - genau wie sein Gegner von der Rechten-, in keiner Weise zugunsten der Arbeiter. Nichts, um die Großunternehmer daran zu hindern, ihr Personal zu entlassen, zu reduzieren oder die Produktion zu verlagern. Nichts, um die Kaufkraft der Gehälter, die einzige Einkommensquelle für die große Mehrheit der Bevölkerung, zu schützen. Keine die Reichen zu irgendetwas verpflichtenden Maßnahmen. Man kann im Augenblick nicht einmal sagen, dass es einen erheblichen Unterschied in der jeweiligen Art und Weise gibt, wie jeder der zwei Kandidaten die Rolle des Staates in der Wirtschaft sieht. Während Mitterrand im Jahre 1981 sich dazu entschieden hatte, bestimmte Bereiche der Wirtschaft zu verstaatlichen, geschah dies entgegen den Dummheiten, die seinerzeit von der Kommunistischen Partei verbreitet wurden, sicherlich nicht, um die wirtschaftliche Macht des großen Kapitals anzugreifen, sondern, um letzterem zu helfen, sich bestimmter Bereiche zugunsten anderer zu entledigen. Dass heißt, Hollande steht sogar auf diesem Gebiet in keinerlei Opposition zu Sarkozy.
Und es erscheint deutlich, dass ungeachtet davon, wer schließlich gewählt wird, seine Politik den Forderungen der großen Unternehmer und Bankiers entsprechen wird.
Das Problem für die revolutionären Kommunisten ist nicht nur, die Schein-Wahl anzuprangern, auf die die Präsidentschaftswahl sich beschränkt. Es kommt besonders darauf an, den verschiedenen Formulierungen ein und derselben Politik im Interesse des Bürgertums, eine Politik entgegenzusetzen, die die Arbeitenden von ihrem Klassenstandpunkt aus, für ihre Klasseninteressen bewaffnen kann.
Auch die gesamte Achse des Wahlkampfs von Nathalie Arthaud, der einzigen Bewerberin in dieser Wahl, die sich eindeutig auf den revolutionären Kommunismus beruft, besteht darin, einige Kampfziele in den Vordergrund zu stellen, die man dem Bürgertum aufzwingen muss, um die Arbeiterklasse vor dem materiellen und moralischen Verfall zu bewahren. Diese Kampfziele ergeben sich aus der Notwendigkeit, die einzige Einkommensquelle zu bewahren, die das kapitalistische System den Proletariern zum Überleben gewährt: ihren Arbeitsplatz und die Kaufkraft ihres Gehalts.
- Um die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen, das Verbot von Entlassungen und voller Erhalt des Gehalts. Einstellung von Beschäftigten direkt durch den Staat in den bestehenden, nützlichen öffentlichen Diensten, und Stellen in den lebenswichtigen Bereichen zu schaffen, wo das private Kapital versagt, wie dem Bau preiswerter Wohnungen, die von einem Arbeitergehalt bezahlbar sind.
- Allgemeine Erhöhung der Gehälter, um die Kaufkraft aufzuholen, die im Laufe der Jahre verloren ging, und Garantie der Kaufkraft durch gleitende Lohnskala, auch für Renten und Pensionen.
- Um zu zeigen, dass das Bürgertum die Mittel hat, all dies zu finanzieren, ohne dabei zu verarmen: Kontrolle der Unternehmen durch die Arbeitenden und die Bevölkerung. Um die kapitalistischen Verschwendungen und die üblen Schläge der Unternehmer zu enthüllen: Den Anfang machen mit der Abschaffung der Geschäftsgeheimnisse und dem Kontrollrecht aller über die Betriebsführung und das Bankenmanagement.
Kampfprogramm oder Wahlprogramm?
Es ist offensichtlich, dass solche Ziele, die, wenn sie durchgesetzt werden, die kapitalistische Diktatur über die Wirtschaft in ihren Grundlagen erschüttern würden, nur durch massive, umfangreiche und explosive Kämpfe erreicht werden können. In diesem Sinn ist es kein Wahlprogramm, sondern ein Kampfprogramm. Die Tatsache, dass es im Rahmen einer Wahl verteidigt wird, ändert nichts an seiner Natur. Man kann nur hoffen, dass sie dank der Möglichkeiten einer Wahlkampagne größeres Gehör finden.
Aber da sogar ein Beginn der Verwirklichung dieses Programms ohne Kampf undenkbar ist, und dieser nicht durch die Wahl beeinflusst wird, aus welchen positiven Gründen haben klassenbewusste Arbeitenden dann ein Interesse, Nathalie Arthaud zu wählen?
Die Frage wird uns oft gestellt, und insbesondere von jenen Arbeitenden, die empfänglich sind für die Politik, die von Nathalie Arthaud in dieser Wahlkampagne vertreten wird, die wenigstens zum Teil die Ziele für künftige Kämpfe teilen, aber die gleichzeitig der Ansicht sind, dass ein Kandidat wie Mélenchon (ehemaliger Mitglied der Sozialistischen Partei, heute von der KP unterstützt) glaubwürdiger ist, um ihr Gefühl der Revolte auszudrücken, und die sich anschicken, ihn zu wählen.
Und das, ohne von all jenen zu reden, den vielleicht zahlreicheren, die zwar Hollande und der Sozialistischen Partei nur begrenzt trauen, sich aber anschicken und es auch sagen, ihn vom ersten Wahlgang an zu wählen, damit sich nicht das wiederholt, was im Jahr 2002 geschah, das heißt das Ausscheiden des Kandidaten der Linken schon im ersten Wahlgang, und ein zweiter Wahlgang, in dem sich die Rechte und die extreme Rechte gegenüberstehen.
Trotz aller Umfragen, die Hollande mit großem Vorsprung am Abend des zweiten Wahlgangs siegreich sehen, ist nichts im Voraus garantiert. Von jetzt bis zu den Wahlen sind viele Rückschläge möglich. Die Rechte ist in diesem Land traditionell in der Mehrheit, und die Sprache Sarkozys geht immer mehr nach rechts, sein Hass auf die Arbeiter, der sich in Vorschlägen wie einer Volksabstimmung über die Rechte der Arbeitslosen zeigt, kann die rechte, zutiefst arbeiterfeindliche Wählerschaft wieder um ihn herum zusammenschweißen.
Andererseits ist die Furcht, Hollande im zweiten Wahlgang von Marine Le Pen verdrängt zu sehen, unbegründet. Wir befinden uns nicht im Jahr 2002, nach fünf Jahren einer sozialistischen Regierung, die vor allem die sozialistische Wählerschaft selbst angewidert hat. Ohne von den Verbündeten der Sozialistischen Partei, von der Kommunistischen Partei bis zu den Radikalen (Erben der grossen linksbürgerliche Partei der Dritten Republik) zu reden, die, nachdem sie fünf Jahre lang die Politik von Jospin mitgetragen, nun verhindern wollten, dass der Misskredit der Sozialistischen Partei auch auf sie zurückfällt. Erst im letzten Augenblick sind sie auf Distanz zur PS gegangen, indem sie ihre eigenen Kandidaten aufstellten. Die verschiedenen Komponenten der "Vielfältigen Linken" hatten ihr Ziel doppelt verpasst. Zu aller erst konnte sie, da sie sich so spät von Jospin abgegrenzt hatten, nicht einer Wahlschlappe entgehen. (Erinnern wir uns, dass, Jospin im ersten Wahlgang 2002, im Vergleich zu 1995, zweieinhalb Millionen Wähler verloren hatte, und dass Robert Hue für die Kommunistische Partei, auch anderthalb Millionen verloren hatte). Dann, weil die internen Streitigkeiten innerhalb der Vielfältigen Linken, Jospin den Boden unter den Füßen wegzogen und dazu geführt haben, dass Le Pen den zweiten Wahlgang erreichte.
Wir befinden uns heute nicht in derselben Lage. Wenn es auch nicht unmöglich ist, dass Marine Le Pen den zweiten Wahlgang erreicht, so ginge das eher auf Kosten von Sarkozy als von Hollande. Das Argument der "nützlichen Wahl" vom ersten Wahlgang an, ist im Mund der Verantwortlichen der Sozialistischen Partei ebenso verlogen, wie im Jahr 2002 die Gefahr, dass Le Pen zum Präsidenten der Republik gewählt werden könnte: eine Fiktion, erfunden um die Unterstützung aller Komponenten der Vielfältigen Linken für Chirac zu rechtfertigen.
An diese Art von Lüge glauben, und sie auf seine Kappe nehmen, basiert nicht auf einer kohärenten Überlegung. Es ist eine besonders ärmliche Art von Wahlillusionen.
Dieser Reiz der "nützlichen Wahl" für einen sozialistischen Kandidaten, der nicht einmal Illusionen schürt, wie Mitterrand sie im Jahre 1981 hervorrufen konnte, ist gewissermaßen das Spiegelbild der Flucht in die Wahlenthaltung zahlreicher Wähler der einfachen Bevölkerung, die durch diese falschen Alternativen abgestoßen werden.
Das hohe Niveau der Zahl der Nichtwähler spiegelt mit Sicherheit den Widerwillen gegenüber den großen Parteien wider, die sich an der Macht ablösen, ist aber auch ein Zeichen der Entpolitisierung, nicht der Ausdruck politischen Bewusstseins.
Ein noch ernsteres Zeichen dieser Entpolitisierung wäre, wenn ein erheblicher Teil der unteren Volksklassen, ihren Widerwillen mittels der Wahl eines Le Pen ausdrücken und sich der traditionell extrem rechten Wählerschaft anschließen würde.
Aus Mangel an kämpferischen Auseinandersetzungen besteht die Erfahrung breiter Massen nur aus eingesteckten Schlägen, Enttäuschungen und Resignation. Sie äußert sich in passiven Gesten
Selbst die Stimmen für Mélenchon, die als eine gewisse Art politischer Bewusstseinsbildung angesehen werden könnten, indem sie das Misstrauen gegenüber Hollande zum Ausdruck bringen, tragen noch die Zeichen der Resignation. Denn, wenn Mélenchon die Politik anprangert, die Hollande durchzuführen droht, so ist seine Perspektive trotzdem, dass allein ein Regierungswechsel neue Horizonte eröffnen könne. "Eine gute Regierung der Linken" an Stelle jener, an die uns die führenden Köpfe der Sozialistischen Partei gewöhnt haben, ist schließlich die strategische Linie Mélenchons. Die Unschärfe der Orientierung - mit der die Linksfront eine "gute" Regierung der Linken bilden könnte, sei es auch mit dem alten Apparat der Sozialistischen Partei? - löst sich auf, wenn Mélenchon ausmalt und wiederholt, dass Mitterrand sein Vorbild ist. Und dort, wo Mélenchon in vorsichtiger Zweideutigkeit bleibt, genieren sich die Führer der Kommunistischen Partei nicht, ihre Überzeugung zu vertreten, dass ein Sieg Hollandes die Perspektive einer neuen Variante der Vielfältigen Linken unter Schirmherrschaft der Sozialistischen Partei eröffnen würde.
Natürlich hat bei der Wahlauswertung und ihrer politischen Bedeutung der mehr oder weniger große Prozentsatz an Stimmen für Mélenchon seine politische Bedeutung, und wäre es nur hinsichtlich der Hoffnungen, die dieser in der Wählerschaft der Linken hervorrufen kann. Aber das sind eine Analyse, eine Feststellung, keine militante Position.
Sich der Wahlen bedienen, um die Präsenz einer kommunistischen Strömung zu zeigen
Die kommende Präsidentschaftswahl erlaubt nichts anderes, als sich auszudrücken. Aber sich ausdrücken ist schon viel.
In vielen Ländern müssen die Arbeitenden und die Armen noch kämpfen, um dieses Recht zu erobern. Hier in Frankreich hat die Arbeiterbewegung in der Vergangenheit viele Kämpfe geführt, bis dieses elementare Recht, das Recht, bei Wahlen wählen zu können, den Arbeitern zuerkannt wurde. Sogar heute ist dieses Recht nicht komplett, sei es nur, weil es einem großen Teil der Arbeiterklasse aberkannt wird. den eingewanderten Arbeitenden, die hier leben, hier ausgebeutet werden, aber denen man dieses elementare demokratische Recht verweigert. Es ist nicht mehr das Zensuswahlrecht vom Beginn des bürgerlichen Parlamentarismus, das dazu bestimmt war, die armen Klassen von der Wahl auszuschließen, aber heute haben wir davon eine mildere Version.
Trotz einiger Hindernisse, die für politische Minderheitsströmungen die Möglichkeit Kandidaten aufzustellen beschränken, ist es für die revolutionär kommunistische Strömung machbar, diese Hindernisse durch eine militante Anstrengung zu überwinden. Unserer Tendenz ist es in sechs aufeinanderfolgenden Präsidentschaftswahlen gelungen, eine Kandidatin, Arlette Laguiller, aufzustellen, und sie wird in dieser Wahl Nathalie Arthaud präsentieren.
Die Wähler der unteren Volksklassen sind also frei, sich zu einer Klassenpolitik zu äußern. Doch es ist notwendig, dass sie den Willen dazu haben!
Die bürgerlichen Demokratien respektieren die demokratischen Formen, haben aber eine große Zahl von Mitteln erfunden, um auf den Meinungen zu lasten. An erster Stelle stehen selbstverständlich das Geld selbst, und die Tatsache, dass die Massenmedien in den Händen des Bürgertums sind. Um die Wahlen ihres politischen Inhalts zu entleeren, ist keine Staatspropaganda einer Diktatur nötig.
Anstatt die einfache Bevölkerung gewaltsam, wie in Diktaturen zu knebeln, bringt man sie dazu, sich selbst zu knebeln, das heißt zu akzeptieren, sich zwischen den Kandidaten der großen mit einem Gütesiegel des Bürgertums versehenen Parteien zu entscheiden.
In der Vergangenheit, als die politische Arbeiterbewegung noch dabei war zum Vorschein zu kommen, waren die Wahlen immer die Gelegenheit politischer Schlachten, wo das Lager der Arbeiterbewegung seine Kräfte auf dem Wahlterrain maß, indem es seine Kandidaten und seine Politik, jenen des Bürgertums entgegenstellte.
Diese Wahlschlachten haben eine gewisse Rolle bei der Herausbildung der Sozialistischen Partei zur Zeit von Jules Guesde und Paul Lafargue gespielt, ebenso wie die Wahlen nach Geburt der Kommunistischen Partei in Frankreich eine Rolle gespielt haben. Sie haben eine Rolle bei der Bildung des politischen Klassenbewusstseins gespielt. Im Laufe der Entwicklung, die zuerst die Sozialistische Partei, und dann die Kommunistische Partei in institutionelle Parteien, das heißt in vom Bürgertum angenommene Parteien transformiert hat, ging diese Gepflogenheit verloren.
Es wäre müßig zu diskutieren, welchen Anteil der Druck des Bürgertums daran hat, um jeden Protest in die Institutionen zu integrieren, und welchen Anteil die wachsende Entpolitisierung der Arbeiterklasse selbst hat. Tatsache ist, dass heute einer der politischen Kämpfe der revolutionären Kommunisten der sein muss, ein Gegengewicht zu dieser Entwicklung zu bilden. Nicht abstrakt. Nicht indem man sich zum Sprecher einer Art Bürgererziehung macht, damit die Wähler zur Wahl gehen. Sicherlich nicht! Aber indem man alle Gelegenheiten nutzt, insbesondere jene, die durch den Wahlkampf geboten werden, um zu erklären, dass es nicht ausreicht, sich von der Politik des Bürgertums abzuwenden. Es macht der herrschenden Klasse nichts aus, ob die in ihrem Namen ausgeführte Politik von der Bevölkerung gebilligt wird oder nicht. Das ist das Problem der in ihrem Dienst stehenden politischen Führungskräfte. Die imperialistische US-Bourgeoisie macht sich keine Sorgen wegen der geringen Wahlbeteiligung. Die Zunahme der Wahlenthaltung bei den unteren Volksklassen ist kein Zeichen der Kraft, es ist Ausdruck der Schwäche, eine Art und Weise, das politische Terrain völlig aufzugeben.
Die Arbeiterklasse darf dem Bürgertum und seinen Kaspern der Kaste professioneller Politiker nicht das politische Feld überlassen. Sie kann ihre historische Rolle nur spielen, indem sie dem Bürgertum ihre eigene Politik entgegensetzt: auf dem höchstmöglichen Niveau, bis dahin, dem Bürgertum die Macht zu entreißen.
Es ist offensichtlich nicht dies, was bei einer einfachen Präsidentschaftswahl auf dem Spiel steht. Der Klassencharakter der Macht entscheidet sich auf einer unendlich viel ausgedehnteren Szene als der der Wahlkabinen. Aber, um in der Lage zu sein, dem Großbürgertum wirklich die Macht streitig zu machen, muss die Arbeiterklasse alle Bereiche des sozialen und politischen Lebens in Beschlag nehmen, ein Gegengewicht zur Politik des Bürgertums darstellen, und seine Entscheidungen in Frage stellen.
Und das beginnt mit dem Willen, bei allen politischen Gelegenheiten sich von seinem Klassenstandpunkt aus zu artikulieren. Die Präsidentschaftswahl ist eine davon. Das beginnt damit, all diese kleinen Wahlschwindeleien abzulehnen, all diese kleinen Erpressungen von der Art, "nützlich abzustimmen", zugunsten eines Hollande, da "er nicht schlimmer als Sarkozy sein kann". Diese Behauptung hat keinen Sinn, denn Hollande wird das machen, was das große Unternehmertum, die Mächte des Geldes von ihm verlangen werden. Und das hängt weder von seinem Etikett, noch seinen Präferenzen oder persönlichen Wünschen ab, sondern von der Tiefe und dem Ernst der Krise, und der Art und Weise, wie das große Unternehmertum daraus Profit zu ziehen wünscht, um die Situation der Werktätigen zu verschlechtern.
Dass jene, die mit dem ewigen Wechselspiel zwischen einer Rechten, die offen die Politik der Rechten ausführt, und einer Linke, die tatsächlich nur ein wenig die Worte ändert, zufrieden sind, vom ersten Wahlgang an für Hollande stimmen, so laufen die Dinge nun einmal. Aber es gibt keinen Grund, dass diejenigen, die Hollande misstrauen, und die alle, oder einen Teil der Forderungen gegen das kapitalistische Unternehmertum teilen, sich selbst zensieren und vom ersten Wahlgang an für den Kandidaten der Sozialistischen Partei stimmen. Denn für Hollande zu stimmen, während man eine andere Wahl, sogar ohne die Zwänge des zweiten Wahlgangs hat, das bedeutet ihm einen Blankoscheck auszustellen, das bedeutet, ihm die Möglichkeit zu geben, wenn er sich dazu veranlasst sehen wird, arbeiterfeindliche Maßnahmen zu ergreifen, zu behaupten, dass er dies mit dem Mandat der Arbeitenden selbst mache.
Aber letztlich spielt Mélenchon, in einer anderen Größenordnung, auf denselben wahltaktischen Reflexen. Sein Vorgehen stützt sich auf den reformistischen Teil der Arbeiterbewegung, ihre Aktivisten und ihre Apparate, die keinen revolutionären Sturz des Bürgertums wollen, aber die sich nicht in der Politik einer Sozialistischen Partei wiederfinden, die seit langem eine bürgerliche Partei wie die anderen geworden ist.
Aber die Perspektive einer "guten Regierung der Linken", die immer ein Lockvogel für die Arbeitenden ist, ist es heute in der Krise noch mehr. In dem Maße, wie die Krise sich verschlimmert, und mit ihr die Wildheit des Bürgertums, gibt es immer weniger Platz für eine "gute Regierung der Linken", die wenigstens zum Teil die Arbeitenden schützen würde. Es wird nur Kampfregierungen des Bürgertums geben. Das sollte als Lektion dienen!
In Griechenland hat das Finanzkapital der Sozialistischen Partei nicht einmal das Hintertürchen gelassen, um ihr zu erlauben, die Forderungen der Bankiers mit einigen reformistischen Verzierungen zu umgeben. Weder den Willen noch die Mittel habend, das große Kapital zu bekämpfen, musste die griechische Linke nicht nur für seine Forderungen mit einer Parlamentsabstimmung bürgen, sondern auch noch sein Erfüllungsgehilfe werden.
Der reformistische Flügel der Arbeiterbewegung, ist das, was er ist, so laufen die Dinge nun eben, dass ein Teil der Volkswählerschaft der unteren Klassen sich in der Wahl für Mélenchon wiederfindet, und obendrein mit der Illusion, sich von Hollande und dem was er repräsentiert, distanziert zu haben.
Kein Voluntarismus seitens der revolutionären Kommunisten kann am allgemeinen Geisteszustand der Arbeiterwähler vorbeigehen. Aber das, was sie können und, was sie tun müssen, ist, dafür zu kämpfen, dass all jene sich artikulieren und ausdrücken, die sich in der von Mélenchon, und erst recht in der von Hollande vorgeschlagenen Politik nicht wiederfinden.
Der Sinn der Kandidatur von Nathalie Arthaud ist genau, diesen Teil der Wähler der unteren Volksklassen, - wenn auch in der Minderheit - zu erlauben, sich auszudrücken.
Und es ist gut und notwendig, dass dieser Teil zum Ausdruck kommt! Zuerst und vor allem, um zu zeigen, dass diese Minderheit existiert, dass sie ihre Fahne hochhält. Noch ehe ein Sozialaufstand das notwendige Kräfteverhältnis schafft, um die lebensnotwendigen Ziele durchzusetzen, um die Arbeitenden gegen Entlassungen, Arbeitslosigkeit und den Zusammenbruch der Kaufkraft ihrer Gehälter zu schützen, ist es unentbehrlich, dass diese Kampfziele diskutiert, zugelassen werden und zum gemeinsamen Bewusstsein der Arbeiterklasse gehören.
Hinter dieser Fahne stehen heute nicht viele Leute? Vielleicht. Aber die Krise ist ein riesiger Beschleuniger der Geschichte. Ihre Verschlimmerung wird neue Arbeiterkontingente in die Verarmung und das Elend stürzen, aber wir hoffen auch, dass sie sich Fragen stellen, woher diese verheerende Entwicklung kommt, und welche Mittel es gibt, sie zu stoppen. Und wenn die ausgebeuteten Massen beginnen, sich diese Fragen zu stellen, werden sie die Möglichkeit haben, die richtigen Antworten zu finden. Es ist unerlässlich, dass die revolutionären Kommunisten das Ohr der Massen, die in die Armut getrieben werden, finden, ohne sich von jenen vom Weg abbringen zu lassen, die sich heute an die Illusionen einer längst vergangenen Vergangenheit klammern, und die auch die für Wahlillusionen Empfänglichsten sind, für "nützliche Stimmabgabe" und andere Albernheiten. Leider sind es oft Aktivisten der reformistischen Strömung der Arbeiterbewegung, politische Aktivisten oder Gewerkschafter, die am meisten an diesen Illusionen hängen und sie propagieren. Wenn man auch versuchen muss, sie zu überzeugen, ist es notwendig, dass sie keine Trennwand zwischen der revolutionär kommunistischen Aktivität und jenen Arbeitenden errichten können, die am stärksten die Schläge des Bürgertums hinnehmen müssen.
Und gerade dort entsteht die Verbindung zwischen dem Kampfprogramm, das von der Kandidatin von Lutte Ouvrière in diesem Wahlkampf und den künftigen Kämpfen propagiert wird. Kämpfe, die nicht mit Stimmzetteln geführt werden.
Die bewussten Kämpfe fallen nicht vom Himmel. Die Sozialexplosion, die der Kampf des Bürgertums gegen die Arbeiterklasse in dieser Krisenperiode zwangsläufig provoziert, wird die Tat von hundert Tausenden, von Millionen Arbeitenden sein, von breiten Massen der Ausgebeuteten.
Es werden die Kämpfe selbst und ihre Dynamik sein, die diesen Millionen Arbeiternden zum Bewusstsein führt, wer ihre Freunde sind, und wer ihre Feinde, die sie in die Sackgasse führen wollen.
Aber, damit die Massen dann entscheiden können, ist es notwendig, dass die Fahnen der einen und der anderen deutlich sichtbar hochgehalten werden. Deshalb ist es notwendig, dass die politischen Unterschiede so deutlich wie möglich gemacht werden, damit die Massen über die Richtigkeit der Politik der einen und der anderen entscheiden, und im Licht ihrer Erfahrungen, die sie in ihren Mobilisierungen gesammelt haben, ihre Wahl ändern können.
Die Unzufriedenheit einer ausgebeuteten Klasse, die noch auf eine Lösung durch die herrschende Klasse und ihre Politiker hofft, kann sich auf vielfältige Art und Weise ausdrücken. Aber zum Zeitpunkt, wo die Welt der Arbeit sich in Bewegung setzt, wird sie präzise Ziele und Aktivisten brauchen, die sie propagieren.
Die Wahlstimmen für die kommunistischen Kandidatin und die Kampfziele, die sie vertritt, können nicht die Energie der kämpfenden Massen ersetzen. Aber sie können dazu beitragen, dieser Energie eine Orientierung zu geben. Dieser Zukunft gemäß kann die Zahl der für die Kandidatur von Nathalie Arthaud abgegeben Wahlstimmen eine Rolle spielen. So wie sie auch eine wichtige Etappe beim Aufbau der revolutionär kommunistischen Partei darstellen kann. Denn der Klassenkampf wird sich nicht an ein vom Wahlkalender festgesetztes Datum halten, und die Verschlimmerung der Krise macht eine Partei, die die politischen Interessen der Arbeiterklasse vertritt, noch notwendiger.
17. Februar 2012