Australien: ein Imperialismus zweiten Ranges als Vorposten gegen China (aus Lutte de Classe - Klassenkampf - von Februar 2021)

Australien: ein Imperialismus zweiten Ranges als Vorposten gegen China
Juni 2021

Jahrzehntelang war Australien Anhängsel der britischen Herrschaft im Süd-Pazifik und in Asien gewesen. Durch den Zweiten Weltkrieg und den Kalten Krieg ist Australien bildlich gesprochen und im militärischen Sinn ein Brückenkopf des amerikanischen Imperialismus geworden. Es hat nicht nur in seiner eigenen Einflusssphäre, sondern darüber hinaus an allen schmutzigen Kriegen von Vietnam über den mittleren Osten bis Afghanistan teilgenommen. Als vollwertige Wirtschaftsmacht spielt es heute eine immer größere Rolle bei der Eindämmung Chinas.

Zwei Tatsachen der letzten Monate haben uns an die immer wichtigere Rolle Australiens bei der Aufrechterhaltung der imperialistischen Ordnung erinnert. In erster Linie die Unterzeichnung des neuen Verteidigungspaktes für die indopazifische Region am 17. November 2020 zwischen Japan und Australien: ein Abkommen, das es den Armeen beider Mächte ermöglicht, im Hoheitsgebiet des anderen Manöver durchzuführen, die nahtlose Zusammenarbeit ihrer Streitkräfte zu verbessern und falls erforderlich, Truppen im Hoheitsgebiet des jeweils anderen Landes zu stationieren. Dieses Abkommen ergänzt das von den USA ins Leben gerufene Militärbündnis zwischen diesen beiden langjährigen Verbündeten und Indien ... gegen China. Das zweite Ereignis fand zufällig nur zwei Tage später statt. General Campbell, Chef der australischen Armee, gab zu, dass seine Spezialeinheiten jahrelang an mörderischen Übergriffen gegen die Bevölkerung Afghanistans beteiligt gewesen waren. Die Medien des Landes hatten schon seit Monaten über diesen Skandal berichtet, den die Behörden hatten vertuschen wollen und der deutlich macht, wie die australischen Hilfssheriffs den US-Imperialismus selbst bei seinen schmutzigsten Arbeiten unterstützen.

Seit über 20 Jahren haben die USA diesem Staat explizit den Status des örtlichen Polizisten ihrer Interessen in der Region verliehen.

Der Fläche nach ist Australien der sechstgrößte Staat der Welt, hat aber nur 26 Millionen Einwohner. Schon 1999 hatte Jon Howard – Premierminister von 1996 bis 2007 – stolz und ohne jede diplomatische Umschweife für sein Land den Titel des „Hilfssheriffs“ in dem „instabilen Bogen“ (der Region) in Anspruch genommen, was explizit gegen China gerichtet war. Das erlaubte ihm, frühere und zukünftige Interventionen seiner Streitkräfte in einem weiten Umkreis zu rechtfertigen. Diese Propaganda und diese Mission sind gewissermaßen die Vollendung einer Entwicklung, die mit der Gründung dieser ehemaligen Kolonie begonnen hat

Eine von Gewalt und Deportationen gekennzeichnete Kolonialisierung

Erst 1606 von den Europäern entdeckt sind die Gebiete Ozeaniens lange den kolonialen Eroberungen und Plünderungen entgangen. Eine erste Gefängniskolonie entstand 1788 in Neu-Süd-Wales. Der Nationalfeiertag am 26. Januar erinnert an die Gründung. Obwohl es vierzehnmal so groß wie Frankreich ist, wurde Australien, das Großbritannien für sich in Anspruch genommen hatte, erst von der Mitte des 19. Jahrhunderts an zu einem bedeutenden Thema – und zwar, nachdem dort riesige Goldmienen entdeckt wurden. Es folgte ein Goldrausch, der auch Arbeiter aus China anzog, die bald dem Rassismus und der Gewalt der Briten die Stirn bieten mussten. Doch musste man auch die brutalsten Mittel anwenden, um ausreichend Arbeitskräfte herbeizuschaffen, die zur Ausbeutung dieser ausgedehnten Gebiete am anderen Ende der Welt nötig waren. Man griff wieder zu Deportationen: bis 1868 wurden mehr als 160.000 Verurteilte – normale Verbrecher, politische Aktivisten und Gewerkschafter – von Großbritannien nach Australien verbannt.

Der Aufschwung der Zuckerrohr- und Baumwoll-Plantagen im heutigen Bundesstaat Queensland hatte die Deportation weiterer zehntausender Arbeiter zur Folge, insbesondere aus Indien und aus den polynesischen Inseln nordöstlich von Australien. Die Plantagenbesitzer, darunter die Colonial Sugar Refining Company (das koloniale Zuckerraffinerie-Unternehmen), hielten diese deportierten Arbeiter quasi wie Sklaven. Auch mehrere Inseln, z.B. die Fidschi-Inseln, wurden dieser de facto Sklaverei aufgezwungen.

Ebenso wie es Millionen von Europäern dazu drängte, ihr Glück auf dem amerikanischen Kontinent zu suchen, so zog auch Australien – wenn auch in deutlich geringerem Maße – aufeinander folgende Wellen von Migranten an. Doch getreu der kolonialen und imperialen Ideologie, die in den europäischen Kolonien vorherrschte, weigerten sich die örtlichen Behörden im Namen der Politik eines “weißen Australiens“ seit 1901, nichtweiße Bevölkerungen aufzunehmen. Und dies außerdem mit Zustimmung der australischen Arbeiterbewegung, die eine der ersten der Welt war, die an die Regierungsmacht gelangte und vorgab, so die Arbeiter vor ausländischer Konkurrenz und niedrigen Löhnen zu schützen.

Und schließlich versorgte die britische Metropole das Land mit den nötigen Arbeitskräften, indem sie von 1918 bis zu Beginn der 1970' er Jahre fast eine halbe Million Kinder – zwischen ein und sechzehn Jahre alt – dorthin deportierte. Die meisten von ihnen waren Waisen, andere hatte man besonders armen Familien entrissen.

Die Ureinwohner (Aborigines) wurden verjagt, in Reservate ohne Rechte und Zugang zu Schulen und Gesundheitsversorgung verbannt. Sie waren jahrzehntelang das Opfer von institutionellem Rassismus. Es war eine wahrhafte Apartheid, die nur nicht offen so genannt wurde. Die Aborigines hatten das Land zigtausend Jahre lang bewohnt. Gab es bei Ankunft der ersten Europäer noch 350.000 von ihnen, so verringerte sich ihre Zahl dann in nur einem Jahrhundert um die Hälfte.

Ein Auswuchs des britischen Imperialismus

1901 konstituierten sich die sechs Kolonien als unabhängiger Föderalstaat. Doch da der Staat nicht über eine wirkliche nationale Armee verfügte, mit der sie den landhungrigen, in der Region tätigen Mächten die Stirn hätte bieten können – insbesondere Frankreich, Deutschland (das einige Inseln und besonders einen Teil Neu-Guineas besaß) und Japan – so blieb die britische Macht für den jungen Staat eine unentbehrliche Schutzmacht. Dies umso mehr, als die australische Bourgeoisie damals sehr stark auf die Märkte und Absatzmöglichkeiten des britischen Empire angewiesen war. Aber die herrschenden Klassen Australiens zeigten auch sehr bald ihre eigenen territorialen und politischen Ambitionen.

Mehr symbolisch (da ohne jede militärische Bedeutung) schickten sie Truppen, um an mehreren bewaffneten Interventionen des britischen Imperialismus teilzunehmen. So kämpften australische Soldaten im Burenkrieg 1899 – 1902 in Südafrika oder bei der Niederschlagung des nationalistischen „Boxer“-Aufstands 1900 – 1901 in China. Zur selben Zeit wurde Neu-Guinea vom britischen Imperialismus erobert, in gewisser Weise für die australischen Großgrundbesitzer der Zuckerrohr-Plantagen, die hiervon am meisten profitierten. Die politischen Führer Australien beriefen sich auf eine Ideologie in der Art der Monroe-Doktrin, die der amerikanische Imperialismus in seinem lateinamerikanischen Hinterhof praktizierte: Als Vorposten der europäischen Zivilisation habe Australien das „natürliche Recht“, seine Nachbarn zu beherrschen. Kein Land südlich des Äquators sollte sich daher seinem Einfluss oder zumindest seiner Kontrolle entziehen dürfen.

Die Teilnahme eines bedeutenden australischen Kontingents an den Kämpfen des Ersten Weltkriegs (fast 14% seiner Bevölkerung wurden mobilisiert, was den Tod von 60.000 jungen Männern zur Folge hatte), erlaubte es Australien, unter den Siegermächten zu sitzen und seinen Anteil an den Überresten des deutschen Imperiums zu verlangen. Es diente der politischen Klasse auch dazu, den Mythos zu etablieren, dass die australische Nation im Blut geboren worden sei.

Australien nahm an den Versailler Verhandlungen teil, wo die großen imperialistischen Mächte die Neuaufteilung Europas und eines Teils der Welt organisierten. Der australische Ministerpräsident versäumte nicht, dort die Herrschaft über die deutschen Besitzungen im Pazifik zu fordern und auch zu erhalten. Er versäumte auch nicht, sich gewissen japanischen Ansprüchen zu widersetzen. Seit 1914 hatten sich außerdem australische Unternehmen in Neu-Guinea und auf der Insel Nauru angesiedelt, wo sie die Bevölkerung ausbeuteten, um das Phosphat abzubauen. Die Einwohner wurden enteignet und zur Zwangsarbeit gezwungen. Die Bedingungen waren so brutal und die herrschenden Politiker Australiens dabei so offensichtlich mit beteiligt, dass es Anfang der 1920er Jahre in Australien zu einem Skandal erster Klasse führte. Der IV. Kongresses der Kommunistischen Internationale, der die Situation im Orient und die Perspektiven für die Revolutionäre analysierte, zählte Australien ohne jeden Zweifel zu den imperialistischen Mächten.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wurde der australische Kapitalismus immer stärker und kam de facto dem japanischen Imperialismus in die Quere. „Der Krieg mit Japan ist unvermeidlich.“ Als Japan 1941 mit der spektakulären Bombardierung des US-Marinestützpunktes Pearl Harbor in den Krieg gegen die USA eintrat, rückte Australien in den Mittelpunkt des imperialistischen Konflikts in diesem Teil der Welt.

Ein treuer Verbündeter des amerikanischen Imperialismus

Nach der Niederlage der britischen Armee im Februar 1942 bei Singapur wurden die USA zur neuen Schutzmacht Australiens – ein Verbündeter mit sehr viel beachtlicherem Gewicht, um seine Interessen im Süd-Pazifik und einem Teil Asiens zur Geltung zu bringen.

Auf australischem Territorium wurden gigantische Militärbasen errichtet, die während mehrerer Jahre zur Versorgung, als Trainings- und Transitlager und als Startbasis für die Bomber der US-Armee dienten.

Die australischen Truppen kämpften unter dem Kommando des US-General Mac Arthur besonders in Neu-Guinea, während die Industrie des Landes die Kriegsmaschine versorgte.

Diese Rolle Australiens nahm nach Ausbruch des Kalten Krieges weiter an Bedeutung zu – und mehr noch, nachdem Mao in China an die Macht gekommen war. Australiens Rolle als Hilfssheriffs der USA bekam damit einen offen antikommunistischen Charakter. Der Großmeister dieser Politik der Gefolgschaft gegenüber den USA wurde für beinahe zwei Jahrzehnte Robert Menzies, der 1949 mit einem Bündnis aus Konservativen und Liberalen die Wahlen gegen die Labor-Partei gewann. Der damalige Außenminister Spender erklärte ihre Politik der sogenannten „advanced defense“ mit folgenden Worten: „Australien liegt an der Tür zu Asien und unser Schicksal als Nation hängt unwiderruflich von den Ereignissen ab, die sich dort abspielen.“ Das hieß, die Interessen der australischen Bourgeoisie vom Sieg des amerikanischen Imperialismus abhängig zu machen. Und er machte sich stark dafür, dem „kommunistischen Imperialismus die Zähne zu ziehen“.

In diesem Rahmen und in gewisser Weise als Söldner im Dienst des Imperialismus nahm Australien am Koreakrieg 1950 – 1953 wie auch an den Kämpfen des britischen Imperialismus gegen die kommunistische Guerilla 1948 – 1960 in Malaysia teil.

1951 unterzeichneten Australien und Neuseeland mit den USA den Anzus-Pakt, der die drei Länder in die amerikanischen Maßnahmen zur „Eindämmung des Kommunismus“ einband.

Es wurden neue Militärbasen geschaffen oder erweitert, insbesondere im Bereich der Nachrichtendienste in Pine Gap, Nurrungar und dem Nordwest-Kap.

Diese Ausrichtung hatte ihre militärische Tradition während der gesamten Dauer des Vietnamkrieges, in dessen Dienst Australien seine Einrichtungen und 60.000 Mann stellte – trotz der Opposition eines bedeutenden Teils der Jugend gegen den Kriegsdienst und diesen schmutzigen Krieg.

Als Vorposten des Imperialismus war Australien ebenfalls ab 1965 an vorderster Front bei der politischen und militärischen Unterstützung der Suharto-Diktatur in Indonesien dabei. Australien war damit Komplize und Waffenlieferant des Regimes, das im Namen des Kampfs gegen die kommunistische Gefahr 500.000 Menschen ermordete. Australien profitierte auch wirtschaftlich von dieser Unterstützung, denn es konnte sich bis heute sehr große Teile des Öl- und Gasvorkommens sichern – auf Kosten Ost-Timors,

Als die Fretilin (die Revolutionäre Front für die Unabhängigkeit Ost-Timors) 1975, nach dem Sturz des Salazar-Regimes und der Nelken-Revolution in Portugal, die Unabhängigkeit dieser ehemals portugiesischen Kolonie verkündete, unterstützte Australien die Invasion Ost-Timors durch die indonesische Armee. Die 160 Unternehmen des indonesisch-australischen Komitees hatten ihren Anteil daran, dass Australien die Invasion unterstützte. Der massive Einsatz von Napalm, die Hungersnot, der Terror und die gut 200.000 Toten, die diese Invasion bis Ende der 1980er Jahre forderte, gehen daher nicht nur auf das Konto Indonesiens, sondern ebenso auf das Konto der USA und ihres australischen Verbündeten.

Seit etwa 20 Jahren richtet Australien sein Augenmerk auf China, womit es erneut der Politik des US-Imperialismus folgt. Australien beabsichtigt, im gesamten Pazifik – den Australien immer offener als sein Hinterland ansieht – mit eigenen militärischen Eingreiftruppen präsent zu sein.

Die Migranten, Geiseln der australischen Politik

Ein weiterer Ausdruck dieser Politik und eine andere, an die Bevölkerungen Asiens gerichtete Warnung ist die gleichzeitige Verschärfung der Migrationspolitik. Während das Land 1973 die Politik des „weißen Australien“ beendete und hunderttausende „Boatpeople“ und Geflüchtete verschiedenster Herkunft aufnahm, hat es sich nun von neuem auf brutalste Weise abgeschottet.

Zynisch „pazifische Lösung“ genannt, stützt sich diese Politik auf eine gewisse Zahl von Verträgen, die Australien mit armen Staaten in seiner direkten Einflusssphäre geschlossen hat: mit Papua-Neuguinea und Nauru zum Beispiel, und von 2014 – 2018 mit Kambodscha. Ihr Ziel ist eine hermetische Abriegelung des australischen Territoriums. Tausende illegal angekommene Asylbewerber werden – wenn man sie nicht einfach sofort ins Meer zurücktreibt – deportiert und jahrelang unter brutalen Bedingungen in extraterritorial errichteten Lagern festgehalten. Viele Male wurden diese Lager und die Zustände dort bereits von Nichtregierungsorganisationen (NGO) und den wenigen Augenzeugen angeprangert. Diese Lager werden für viel Geld von privaten Organisationen im Auftrag der Regierung verwaltet. Das Schicksal dieser „Offshore“-Flüchtlinge hat einen Teil der australischen Bevölkerung so erschüttert, dass in der Netflix-Serie „Stateless“ detailliert deren Mechanismen beschrieben werden.

Die EU ist in gewisser Weise diesem Beispiel gefolgt, als sie die Türkei gegen Geld dafür engagiert hat, mehrere hunderttausend syrische und irakische Flüchtlinge außerhalb der europäischen Grenzen zu halten.

Die Labor-Partei, die die „pazifische Lösung“ nach ihrer Rückkehr an die Regierung 2008 zwar suspendierte, aber nicht beendete, hat sich dieser Praxis inzwischen völlig angeschlossen. Sie folgt damit einer langen Tradition der Partei, die die Hauptquelle für nationalistische und rassistische Ideen in einem Teil der australischen Arbeiterklasse Australiens war und ist. In den 1950er und 1960er Jahren war einer ihrer wichtigsten Führer, Arthur Caldwell, Vorreiter des weißen Australiens und erklärte in Bezug auf die chinesischen Arbeiter: „Zwei Wong machen noch keinen Weißen aus“. Er sprach sich sogar gegen die Anwesenheit schwarzer Soldaten der US-Armee auf australischem Boden aus und bezeichnete Kommunisten als „menschlichen Abschaum“, als „Paranoiker, Degenerierte und Crétins“, als „einen Haufen Verrückte“ und „lepröse Politiker“.

Der größer werdende Platz des australischen Imperialismus in Asien

Seit einigen Jahrzehnten folgt die Politik Australiens in der indopazifischen Region derjenigen der USA auf dem Fuß, wenn Australien nicht sogar vorangeht. Nicht damit zufrieden, wieder an den Militär-Interventionen der USA teilzunehmen (Truppenentsendungen in den Irak 1991 und 2003 und vor allem nach Afghanistan 2001), verfolgt Australien seine eigenen Operationen in seiner Einflusszone. So analysierte ein Spezialist für Verteidigungsfragen - und ehemaliger Geheimdienstagent – in der Unternehmerpresse Australiens die australische Militärintervention in Ost-Timor folgendermaßen: „Wir bezahlen unseren Beitrag für den Fall, dass wir später amerikanische Unterstützung brauchen werden.[1]

So eröffnete der Sturz Suhartos im Jahr 1998 eine Situation der Instabilität, die für die Interessen der australischen Kapitalisten schädlich hätte sein können. Die australische Armee ließ die indonesischen Truppen daher unter dem Deckmantel einer internationalen Schutzmission den Staat Timor, der gerade seine Unabhängigkeit erreicht hat, verwüsten. Von 1999 – 2002 wurden 10.000 Menschen getötet und 75% der Infrastruktur zerstört. Eine australische Zeitung fasste die in Washington vorherrschende Meinung zusammen und zitierte dabei einen der Repräsentanten: „Wir haben einen bedeutenden Hund im Rennen, Australien genannt, und wir müssen ihn unterstützen.[2] Die australischen Unternehmen hatten es auf die Gasvorkommen von Bayu-Undan und die von Greater Sunrise abgesehen. Mit Unterstützung der Clinton-Administration konnten sie Ost-Timor ihre Bedingungen aufzwingen und auch die im Westen gelegenen Ölvorkommen von Laminaria/Corallina bewahren, die sie schon seit Langem ausbeuten.

In seinem direkten Einflussgebiet beschimpft Australien zahlreiche Nachbarstaaten als „failed states“ (gescheiterte Staaten), die sich auf dem Weg der „Afrikanisierung“ befänden, und setzt seine Militärinterventionen fort: 2003 auf den Salomon-Inseln, 2006 auf den Tonga-Inseln ... Der Tod von 98 Australiern bei einem Attentat 2002 in Bali diente ihm als Vorwand, um seine Ambitionen und Polizeiaktionen fortan unter dem Deckmantel des Kampfs gegen den Terrorismus zu verstecken. Nachdem es jahrzehntelang die Suharto-Diktatur verteidigt hat, gibt sich Australien nun als Beschützer Indonesiens und seiner territorialen Integrität – auf Kosten insbesondere der unterdrückten Bevölkerungsgruppen im Land und besonders in der Region West-Papua.

Aber schließlich ist Indonesien ein gewichtiger Verbündeter der USA. Einerseits, weil Indonesien zur Sicherung ihrer Seewege benötigt wird (ein wachsender Anteil ihrer Handelsschiffe durchquert die Meerengen Indonesiens) – und andererseits, weil es Teil der langfristigeren Strategie des US-Imperialismus ist.

Der US-Imperialismus macht in der Tat kein Geheimnis daraus, dass er seine Präsenz in dieser Weltregion beträchtlich stärken will. Obama selbst hat 2011 vor dem australischen Parlament verkündet, die US-Flotte im Asien-Pazifik-Raum bis 2020 um 50-60% verstärken zu wollen.

Die Luftwaffe der USA will in dieser Region 60% aller ihrer im Ausland stationierten Kräfte konzentrieren, einschließlich der Raumfahrt- und Cyberspace-Kräfte. Diese Intensivierung der militärischen Zusammenarbeit schlägt sich auch in der Beteiligung Australiens an einem koordinierten System der USA zur Abwehr ballistischer Raketen nieder. Es ist zwar offiziell gegen nordkoreanische Raketen gerichtet, könnte aber auch gegen China eingesetzt werden. Und es ermöglicht, Raketen von australischen Schiffen aus abzuschießen.

Eine zunehmende Militarisierung

In einem internationalen Kontext wachsender Spannungen aller Art, und um den Forderungen des US-Imperialismus zu folgen, beteiligt sich Australien in bedeutendem Maße am Rüstungswettlauf. Seit zwei Jahrzehnten hat das Land begonnen, seinen Rückstand auf diesem Gebiet im Eiltempo aufzuholen.

Im Jahr 2000 schon sah ein Weißbuch zur Verteidigung massive Investitionen vor (87 Milliarden Euro im Bereich der See- und Luftstreitkräfte). Außerdem sollte die Truppenstärke auf 54.000 Mann erhöht werden. Australien bekräftigt, dass es eigene „Interessen und strategische Ziele auf regionaler und internationaler Ebene“ hat. Aber es werde weiterhin gleichzeitig „die USA bei ihrer wichtigen Rolle unterstützen, die sie bei der Aufrechterhaltung der weltweiten Sicherheitsordnung hat.[3], Anders gesagt, sie werden den USA die Treue halten.

2016 befürwortete ein neues Weißbuch, bis 2025/2026 die Truppenstärke auf 62.400 Mann zu erhöhen und den Militärhaushalt von 13,2 auf über 36,6 Milliarden Euro – was beinahe so viel wäre, wie Frankreich derzeit ausgibt.

Australien hat ebenfalls in diesem Jahr einen „Jahrhundertvertrag“ über etwa 30 Milliarden Euro für den Kauf von 12 (Atom)-U-Booten des Typs Barracuda mit dem Unternehmen „Groupe Français Naval“ abgeschlossen, die in Osborne - in Süd-Australien - gebaut werden und die zwischen 2030 und 2050 ausgeliefert werden sollen.

Im Sommer 2020 erklärte Premier-Minister Scott Morrison, er sei von den unabwendbaren politischen und militärischen Konsequenzen der gegenwärtigen Krise überzeugt und hat daraufhin diese Ziele noch weiter vorangetrieben. [4] So sind für die nächsten 10 Jahre Militärausgaben in Höhe von 354 Milliarden Euro vorgesehen! Ungefähr die Hälfte werden der Beschaffung von Waffen für Luft-, See- und Bodenangriffe mit großer Reichweite dienen. Zwei bilaterale Verträge mit Indien sind ebenfalls im Juni desselben Jahres abgeschlossen worden.

Bei Unterzeichnung eines x-den militärischen Kooperationsabkommens zwischen den USA und Australien versäumte der Chef der US-Diplomatie nicht, „die schädlichen Aktivitäten der Kommunistischen Partei Chinas in der indopazifischen Region“ und das „unzerstörbare Bündnis[5] von USA und Australien gegen China zu erwähnen.

Der US-Imperialismus verstärkt jedes Jahr ein bisschen mehr sein Militäraufgebot rund um die dauerhaften Militärbasen, die er seit Jahrzehnten besetzt hat. Außerdem werden zahlreiche weitere Militärbasen errichtet, die Seerosen genannt werden, weil sie zwar begrenzter, aber auch beweglicher sind. Das unverhüllte Ziel all dieser Maßnahmen ist, irgendwann in der Lage zu sein, China mit Hilfe der japanischen und australischen Streitkräfte ein Embargo aufzwingen zu können. Es geht auch darum, die öffentliche Meinung nach und nach auf eine eventuelle militärische Konfrontation vorzubereiten.

Vom Wirtschaftskrieg mit China zu einem wirklichen bewaffneten Konflikt?

Die politischen Spannungen, die Festigung der Militärbündnisse und der Handelskrieg zwischen den USA und China - vor allem seit zwei Jahren – haben sofort die Beziehungen zwischen China und Australien beeinflusst, das mehr und mehr als Vorposten des Imperialismus gegen die Interessen Chinas in Asien und dem Pazifik erscheint. Im Laufe der letzten Jahrzehnten war China der größte Handelspartner Australiens geworden. Es handelt sich daher um eine Herausforderung ersten Ranges für Australien. Australien hat sich der US-Strategie angepasst, Druck auf China auszuüben – eine Strategie, zu deren Vorreiter Trump sich gemacht hatte. So hat Australien zum Beispiel ebenfalls die chinesischen Giganten Huawei und ZTE von seinem Markt für 5G-Mobilfunk ausgeschlossen. Im Gegenzug jedoch belegte China Importe aus Australien mit hohen Steuern: erst auf Kohle, Eisen und Kupfer, dann auch auf Fleisch, Wein oder Getreide. Im Dezember 2020 titelte die der Regierung nahestehende chinesische Tageszeitung Global Times:Die australische Kohle ist in den chinesischen Häfen nicht mehr gern gesehen“. [6] Als Vergeltung dafür, dass Australien sich der US-Politik anpasst, empfiehlt Peking gleichfalls seiner Jugend, nicht nach Australien zu gehen, obwohl dieses Land das zweitbeliebteste Ziel seiner Studenten ist.

Offensichtlich ist ein Teil dieser Entwicklung und der Stimmungsmache Australiens gegen die „gelbe Gefahr“ nur Pokerface. Dennoch sollte man die Gefahren der derzeitigen Spirale der Eskalation nicht unterschätzen – umso mehr, als sich der australische Staat nicht mehr mit der Rolle eines Söldners für den mächtigsten Imperialismus begnügt. Jim Molan, ehemaliger Generalmajor der australischen Armee (stellvertretender Genrealstabschef) und heute Senator, hat kürzlich einen Appell in Umlauf gebracht, „eine Strategie der nationalen Sicherheit zu entwickeln“. In dem Appell behauptet er, dass ein militärischer Konflikt mit China „immer wahrscheinlicher wird“. [7] Und er fügt hinzu: „Dies wird zweifellos ein Krieg sein, der es nötig machen wird, dass die ganze Nation das Land verteidigt.

Australien ist nicht mehr das Land, das auf den Weltkarten ironisch als "irgendwo da unten" bezeichnet wird. Durch seine geopolitische Lage und sein wirtschaftliches und militärisches Gewicht ist es ein unentbehrlicher Verbündeter der USA für die Aufrechterhaltung der imperialistischen Ordnung geworden.

Die australische Bourgeoisie ist eine der sattesten des Planeten. Allein die Stadt Sydney zählt laut dem Bloomberg-Index 95.000 Millionäre. Das Jahr 2020 war für die Milliardäre des Landes mehr als profitabel, da sich ihr Vermögen um 52,4% auf insgesamt 1.500 Milliarden Dollar vermehrte! [8] Überfüttert mit staatlichen Hilfen und von kolossalen Steuerbefreiungen profitierend, zählen die Bergwerks-, Eisen- und Stahl-Konzerne BHP Hilton oder RioTinto zu den mächtigsten der Welt.

Das macht die Entstehung einer Partei, die die Interessen des Proletariats vertritt, das heißt einer revolutionären kommunistischen Partei, um so lebensnotwendiger. Denn sie allein kann den Arbeitern und Völkern der Region eine gemeinsame Perspektive bieten. Es besteht in diesem Land seit dem Kampf gegen den Kriegsdienst während des Ersten Weltkriegs bis zu den Massendemonstrationen gegen den Vietnamkrieg eine lange Tradition des Kampfes gegen den Imperialismus. Aber Pazifismus oder Antiamerikanismus können nicht die Basis für eine wahrhaft emanzipatorische Politik schaffen, da sie die Herrschaft der Bourgeoisie und ihres Ausbeutungssystems nicht in Frage stellen.

21. Januar 2021

 

 [1]    Paul Dibb, zitiert in der Zeitung Financial Review, Ausgabe vom 14-15 Februar 1998.

 [2]    Australian Financial Review, Sydney, vom 13. September 1999.

 [3]  Verteidigungsministerium, « Defence 2000: Our Future Defence Force », Commonwealth of Australia, Canberra.

 [4]    « 2020 Defence Strategic Update », Veröffentlichung des australischen Verteidigungsministeriums.

 [5]   Les Échos, 29. Juli 2020.

 [6]   Zitiert von Les Échos am 20. Dezember 2020.

 [7]   Zitiert von Courrier international am 29. Dezember 2020.

 [8]   Bloomberg Billionaires Index.