Zwei Auffassungen der permanenten Revolution (aus Lutte de Classe - Klassenkampf - von September 1973)

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Zwei Auffassungen der permanenten Revolution
September 1973

Wir veröffentlichen unten die jüngste Übersetzung eines 1973 geschriebenen Textes, anlässlich einer Debatte über die "kambodschanische Revolution", die damals einen weiten Teil der trotzkistischen Bewegung stark beschäftigte. Diese Ereignisse sind natürlich heute vorbei. Aber die Fragen, die aufgeworfen waren, sind immer lebensnotwendige Probleme für die Revolutionäre der unterentwickelten Länder, besonders in dieser Krisenperiode.

Norodom Sihanouk, oder des "Hineinwachsen" eines Königs in einen proletarischen Führer

Unter dem Titel "Die kambodschanische Revolution und der Sihanoukismus", veröffentlicht die letzte Ausgabe der Zeitschrift des Vereinigten Sekretariats, Quatrième Internationale (Vierte Internationale) (Mai-August 1973) einen Artikel, der nicht uninteressant ist... und zwar deshalb, weil er bezeichnend ist dafür, wie die Genossen dieser Tendenz an die Probleme der revolutionären Strategie in den unterentwickelten Ländern herangehen, in einer Art, die nichts mehr mit der Theorie der permanenten Revolution von Leo Trotzki zu tun hat.

Nach einem historischen Abriss der Guerilla in Kambodscha seit Ende des Zweiten Weltkriegs, von den "Freien Khmer" des ersten indonesischen Kriegs bis zu den "Roten Khmer" des zweiten - Guerillaorganisationen, die durch die königliche Regierung von Norodom Sihanouk gnadenlos niedergeschlagen wurden -, kommt der Autor des Artikels zum Staatsstreich von 1970 und der Bildung der "Vereinigten Nationalen Front". In der Führung dieser Vereinigung treffen sich die Feinde von gestern, ehemalige Führer der "Roten Khmer" und waschechte Sihanoukisten. Ab hier könnte der Leser denken (zumindest jener Leser, der über die früheren Irrtümer des Vereinigten Sekretariats nicht Bescheid weiß), dass die Aufgabe einer Organisation, die behauptet die Vierte Internationale zu sein, die sein müsste, die arbeitenden Massen von Kambodscha davor zu warnen, die Leitung ihrer Kämpfe einer solchen Führung zu überlassen, und zumindest dazu aufrufen, wenn die Mitarbeit unmöglich ist, in diesem Land eine unabhängige revolutionäre proletarische Führung aufzubauen.

Der genannte Artikel sichert im Gegenteil der Fähigkeit der Vereinigten Nationalfront, den Kampf des kambodschanischen Volkes auf dem Weg der sozialistischen Revolution zu führen, sein absolutes Vertrauen zu.

Man muss übrigens anmerken, dass der Fall Sihanouk, so aufschlussreich er auch sein mag, eigentlich nebensächlich ist. Denn hätte der Ex-König von Kambodscha nach dem Putsch von 1970 entschieden, sich auf die Côte d'Azur zurückzuziehen, anstatt den politischen Kampf weiterzuführen und seinen ehemaligen Feinden die Hand zu reichen, hätte sich das Problem der Natur und der Ziele der nationalistischen Führung an der Spitze der Khmer-Guerilla den Revolutionären genauso gestellt, so wie es sich übrigens bereits vor dem Putsch gestellt hatte. Für die marxistischen Revolutionäre, die in der Vereinigten Nationalfront nur eine nationalistische bürgerliche Führung erkennen können, ändert nämlich die Anwesenheit von Sihanouk an der Spitze der kambodschanischen Exilregierung in Peking überhaupt nichts an seiner Klassennatur. Aber für die Leitung des Vereinigten Sekretariats, die in der Vereinigten Nationalfront nichts Geringeres erblickt, als ein Werkzeug der sozialistischen Revolution Kambodschas, bringt die Anwesenheit eines Königs, wenn auch eines abgesetzten, an der Spitze dieser "sozialistischen" Führung doch einige Probleme mit sich und zwingt sie zu einigen Verrenkungen.

Aus diesem Grund sucht man im genannten Artikel von Quatrième Internationale auch vergebens nach der geringsten Kritik der Politik der "roten Khmer", ja sogar der Vereinigten Nationalfront als solche, so findet man dort dennoch, wenn auch in sehr gemäßigter Weise, die Vergangenheit von Sihanouk. Aber nur, um sofort und sehr ausgiebig seine beruhigenden Aussagen zu zitieren, wie etwa "Der Sihanoukismus ist überholt... meine Rolle wird begrenzt sein" oder "Ich möchte auf keinen Fall mit jenen Menschen in Konflikt geraten, die besonders zur Unabhängigkeit Kambodschas vom Imperialismus beigetragen haben".

Und wenn der Autor dieses Artikels sich auch dazu genötigt fühlt, zu bemerken, dass "Sihanouk... nach dem Sieg die politische, religiöse, soziale Opposition im Pracheachon (Kommunistische Partei Kambodschas) um seine Person herum kristallisieren könnte", dann um zu sagen, dass "diese Frage von Sihanouk offen erwähnt wird... (und dieser behauptet) ... Ich weiß, dass den roten Khmer, wenn sie sich auch hinter der von mir verkörperten Rechtfertigung und Kontinuität des Khmer-Staates verbergen, vor allem daran gelegen ist, ihr Werk der proletarischen Revolution auf dem gesamten kambodschanischen Territorium zu vollziehen, bevor sie mir gestatten, als Staatschefs ohne Macht in das Land zurückzukehren. Wenn Sihanouk nämlich zu früh nach Kambodscha zurückkehrt, würde eine große Mehrheit der Khmer, darunter auch viele aktuelle gegen den Kommunismus allergisch reagierende Lonnolianer, versuchen, ihn dafür zu benutzen, ein nicht-sozialistisches Regime zu errichten. Ich habe meinen Verbündeten, den roten Khmer gesagt, dass ich bei diesem Spiel ganz gewiss nicht mitmachen würde..."

Nachdem der Autor diese vom Experten Sihanouk den Führern der "roten Khmer" verliehenen Zeugnisse für proletarischen Revolutionarismus sowie die Beteuerungen seiner Treue angeführt hat, fegt er nun selbst seine schüchternen Einwände gegen die mögliche zukünftige Haltung Sihanouks durch ein "politisches" Argument vom Tisch: "Mehr als die Aussagen Sihanouks wird das Ausmaß des in Kambodscha beginnenden revolutionären Prozesses (sowohl sein sozialer als auch sein nationaler Aspekt) den Ausschlag geben, sowie das Integrieren dieser kambodschanischen Revolution in ein größeres Ganzen, der Revolution von Indochina".

Beiläufig können wir bemerken, dass das Regime Sihanouk, das zwischen 1954 und 1970 existiert hat, in den Augen des Vereinigten Sekretariats nicht, zumindest rückblickend nicht, der Staat eines ehemals kolonialisierten Landes war, das versucht, das Bisschen, mit einer vom Imperialismus dominierten Welt kompatiblen, Freiheit zu erreichen. Vielmehr galt es als die Frucht eines "Prozesses der permanenten Revolution", der "auf halben Weg" ausgesetzt worden ist, als etwas, wenn man den Autor richtig versteht, zwischen einem bürgerlichen Staat und einem degenerierten Arbeiterstaat. Politisch ist diese Aussage sinnlos, aber sie hat den Vorteil, die Anwesenheit Sihanouks an der Spitze der Khmer-Regierung im Exil für die Leser von Quatrième Internationale erträglicher zu machen.

Aber noch einmal: Wenn die Anwesenheit Sihanouks die Situation auch noch karikaturhafter macht, und wenn sie die theoretischen Verbiegungen einer Organisation, die behauptet, die Verwalterin des politischen Vermächtnisses des Trotzkismus zu sein, auch noch jämmerlicher erscheinen lässt, so ändert sie doch nichts Grundlegendes am Problem. Denn, wenn es auch leider nicht das erste Mal vorkommt, dass das Vereinigte Sekretariat eine solche Analyse für ihre eigenen Bedürfnisse erfindet, so ist das Schlimmste bei alldem doch, zu behaupten, es sei möglich, ohne jegliches selbstständige Eingreifen des Proletariats und ohne einer revolutionären proletarischen Führung (die nicht von einer stalinistischen Führung ersetzt werden kann), dass sich ein "Prozess der permanenten Revolution" entwickele und imstande sei, das kambodschanische Volk auf den Weg einer siegreichen sozialistischen Revolution zu führen.

Das ist schlimm, nicht nur, weil es ein prognostischer Fehler ist, sondern noch mehr wegen der Politik, die eine solche Analyse einschließt: Mitläufertum gegenüber den kleinbürgerlichen nationalistischen Führungen und Verzicht auf den Aufbau eigenständiger proletarischer revolutionärer Parteien, die unnötig geworden sich, aufgrund des Automatismus des "Prozesses der permanenten Revolution". Genau das Gegenteil dessen, wie Trotzki an das Problem herangegangen war.

Die permanente Revolution in China und auf Kuba, so wie sie das Vereinigte Sekretariat sieht

Die Art, wie Quatrième Internationale die politische Situation in Kambodscha analysiert, ist übrigens weder eine Ausnahme noch ein zufälliger Fehler. Diese Haltung gegenüber den an der Spitze von nationalen Unabhängigkeitskämpfen stehenden kleinbürgerlichen nationalistischen Führungen ist vielmehr eine Konstante in der Politik des Vereinigte Sekretariats (und vieler anderer sich auf den Trotzkismus berufenden Tendenzen). Eine solche Analyse soll für diese Genossen die Bezeichnung "Arbeiterstaat" für China, Nord-Vietnam oder Kuba rechtfertigen. Eine solche Analyse diente zur Rechtfertigung des Mitläufertums gegenüber den kleinbürgerlichen nationalistischen Führungen in Algerien, Palästina oder in Vietnam (um nur die bekanntesten Fälle zu nennen).

Die dieser Analyse zugrunde liegende intellektuelle Vorgehensweise offenbart sich besonders deutlich in einer polemischen Broschüre gegen Lutte Ouvrière mit dem Titel "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution", veröffentlicht 1971 von der Ligue Communiste.

Bezüglich der Position von Lutte Ouvrière zu China schreibt der Autor dieser Broschüre: "Die Weigerung, die chinesische Revolution als eine proletarische Revolution zu bezeichnen basiert auf einer scheinbar richtigen Analyse der gegebenen sozialen Kräfte und der Natur der revolutionären Führung. Es trifft zu, dass das chinesische Proletariat nach den Niederlagen der Jahre 1926-1927 in den Hafenstädten, und dem letzten Aufbäumen, die Kommune von Kanton, an der Revolution von 1949 als Klasse nicht teilgenommen hat." Es wäre auch schwierig gewesen, das Gegenteil zu behaupten. Aber unser Autor fügt hinzu: "Aber der gesamte Lauf der Revolution war geprägt von der Fähigkeit der revolutionären Führung, seine (des Proletariats) Positionen zu übernehmen".

Aber wann und wo hat die "revolutionäre Führung", die vom Autor genannt wird, das heißt die Kommunistische Partei Chinas, die Positionen des Proletariats übernommen? Sicher nicht mit ihrer Politik vom "Block der vier Klassen", die weit davon entfernt, die Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten, nichts anderes tat, als diese der nationalen Bourgeoisie unterzuordnen. Es ist aber so, dass die Kommunistische Partei Chinas "in die stalinistische Schule gegangen und davon stark ideologisch geprägt wurde". Eigenartige "revolutionäre Führung".

Aber wie kann unser Autor versuchen zu beweisen, dass "die chinesischen Kommunisten trotz einiger Irrtümer (sic) bis zuletzt ihm (dem Proletariat) die Führungsrolle eingeräumten"? Ganz einfach, indem er Mao Tse-tung zitiert (was natürlich nicht schlimmer ist, als Sihanouk zu zitieren, aber methodisch gesehen kaum mehr wert ist). "Mao selbst", sagt er, "der heftigste Befürworter des bewaffneten Kampfes der Bauern, räumte im Januar 1930 ein, dass... die Revolution fehlschlagen würde, hätte der Bauernkampf keine Arbeiterführung mehr".

Wenn er schon dabei ist, Texte aus den 30er Jahren über die Beziehung zwischen dem Bauernkrieg, der Kommunistischen Partei Chinas und der Arbeiterklasse zu zitieren, dann hätte unser Autor besser daran getan, den Brief an die chinesischen Bolschewiki-Leninisten zu lesen, den Trotzki im September 1932 schrieb. Dort hätte er einerseits einige sehr nützliche allgemeine Ratschläge gefunden, über die er nachdenken hätte müssen: "Wer in der Politik nach Etiketten und Bezeichnungen urteilt und nicht nach sozialen Tatsachen, der ist verloren" und "wer den doppelten Ursprung der Bauernschaft vergisst ist kein Marxist". Und er hätte auch eine Analyse der Politik der Kommunistischen Partei Chinas gefunden, durch welche die zwanzig Jahre später stattfindenden Ereignisse auf beeindruckende Weise erhellt werden. "Wenn die Kommunistischen Partei", schreibt Trotzki, "fest auf das Proletariat der Städte gestützt, versucht, die Bauernarmee durch eine Arbeiterführung zu befehligen, dann ist das eine Sache. Etwas ganz anderes ist, wenn ein paar Tausend oder seien es auch mehrere Zehntausend Revolutionäre, die den Bauernkrieg führen, Kommunisten sind oder sich als solche bezeichnen, ohne einen ernstzunehmenden Halt im Proletariat zu haben. Nun, das genau ist die Situation in China... Die führenden Elemente der revolutionären Bauernschaft Chinas sprechen sich im Voraus einen politischen und moralischen Wert zu, der in Wirklichkeit den chinesischen Arbeitern zusteht. Könnte sich daraus nicht ergeben, dass sich all diese Werte zu einem bestimmten Zeitpunkt gegen die Arbeiter wenden?". Und etwas weiter im Text hält Trotzki diese grundlegende Idee fest, die so gut die Klassenverhältnisse im China von 1949 erklärt: "Die Brücke zwischen der Bauernschaft und der Bourgeoisie wird durch das städtische Kleinbürgertum gebildet, hauptsächlich durch die Intellektuellen, die unter der Fahne des Sozialismus und sogar des Kommunismus handeln."

Denn es ist absolut falsch zu schreiben, wie es der Autor von "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution" macht, dass die "Führer (der chinesischen Revolution) die Macht gegen die nationale Bourgeoisie ergreifen mussten, um im Jahr 1949 zu gewinnen". Von der Fäulnis des Regimes Chiang Kai-sheks angewidert hat sich die nationale Bourgeoisie in ihrer Gesamtheit nicht im Geringsten der Machtergreifung der KPCh widersetzt. Zahlreiche "nationale Kapitalisten" haben sich im Gegenteil dem Regime öffentlich angeschlossen und haben sich in weiterer Folge sehr gut "umerzogen", wie die chinesischen Führer das nennen, das heißt, sie haben sich sehr gut in die Gesellschaft eingefügt, die aus den Veränderungen geboren ist, die das isolierte China machen musste, um überleben zu können.

Ist es aber schon schwierig, die Kommunistische Partei Chinas anders als mit dem Verweis auf den selbstverliehenen Titel "kommunistisch" als eine revolutionäre proletarische Führung darzustellen, so ist das Problem bei Kuba noch schwieriger.

Auch in diesem Fall habe Lutte Ouvrière, so die Broschüre "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution", "aus einer oberflächig richtigen soziologischen Analyse falsche politische Schlüsse gezogen". Diese Broschüre räumt nämlich ein, dass in Kuba, "da das Proletariat keinen entscheidenden Anteil an den sozialen Umwälzungen genommen hat, die Bauernschaft, geführt vom intellektuellen Kleinbürgertum" die "treibende Kraft" war. Sie gibt auch zu, "dass die ,bärtigen Intellektuellen', die die kubanische Bauernschaft zum Sieg geführt haben, sich am Anfang - großteils - nicht einmal als Marxisten bezeichneten". Aber, es ist doch einzusehen, sagt uns der Autor der Broschüre, dass "die Tatsache, dass sie unter dem Druck des Imperialismus dazu gebracht worden sind, eine sozialistische Revolution durchzuführen und sich Kommunisten zu nennen, in unseren Augen nicht ein Beweis für ihre Natur einer kleinbürgerlichen Klasse sein kann, die sich in ihrem Nationalismus als konsequent erweisen wollte".

Beachtliche Logik! "Die Tatsache, dass sie... dazu gebracht worden sind, eine sozialistische Revolution durchzuführen... kann nicht ein Beweis für ihre Natur einer kleinbürgerlichen Klasse sein".

Selbstverständlich! Aber die Frage ist ja genau die der Klassennatur der kubanischen Revolution. Und unser Autor schreibt weiter und unterstreicht: "Das beweist nur, dass es in der Konfrontation mit dem Weltkapitalismus nur eine Alternative gibt: Die proletarische Revolution und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen oder die vollständige Kapitulation vor dem Imperialismus".

Diese Aussage verlangt nach zwei Bemerkungen.

Die erste ist die, dass man sich beim Lesen dieser Zeilen fragt, warum das Vereinigte Sekretariat weiterhin, in Worten, die Krise der revolutionären Führung zum Schwerpunkt seiner Tätigkeit macht. Man fragt sich, warum es auf diesem Gebiet bisher nur so wenig Erfolg gehabt hat, wenn doch der "Druck des Imperialismus" und die Tatsache der Existenz "nur einer Alternative" genügt, um in ein paar Monaten eine Bande von "nicht-marxistischen" "bärtigen Intellektuellen" in eine authentische revolutionäre Führung zu verwandeln.

Die zweite betrifft die Methode, die darin besteht, die Analyse der existierenden sozialen Kräfte und der Politik der an ihrer Spitze stehenden Organisationen durch Aussagen zu ersetzen wie: Alles was nicht "vollständige Kapitulation vor dem Imperialismus" ist, ist eine "proletarische Revolution". Diese Methode kann dazu führen, dass man, je nachdem, ob man ein mehr oder weniger optimistisches Temperament hat, mehr oder weniger lange Listen mit "proletarischen Revolutionen" und "Arbeiterstaaten" erstellt. Warum dann nicht gleich sagen, dass Nasser "die Positionen des Weltproletariats" übernommen hat, indem er 1956 dem Imperialismus zum Trotz den Suezkanal verstaatlicht hat? Und warum wäre der König von Arabien nicht dabei, die proletarischen Positionen zu übernehmen (so wie sein Kollege Sihanouk), da er droht, dem Imperialismus das notwendige Erdöl nicht mehr zu liefern?

Die verschiedenen Fraktionen, die aus den nach dem zweiten Weltkrieg aufeinander folgenden Spaltungen der "wiedervereinigten" IV Internationalen hervorgegangenen sind, unterscheiden sich übrigens tatsächlich mehr durch die Länge der Listen jener Länder, denen sie infolge einer derartigen Argumentation das Label "Arbeiterstaat" verliehen haben, als durch irgendetwas anderes. Bei der OCI und die um sie kreisenden Organisationen auf China und die Volksrepubliken begrenzt, verlängert sich die Liste beim VS und erreicht eine beeindruckende Länge bei den Posadisten, die es bequemer finden, von dem zu sprechen, "was in der Welt noch kapitalistisch ist". Aber es muss festgestellt werden, dass der Unterschied zwischen dem VS oder der OCI und den Posadisten nur in der Zurückhaltung, nicht in der Methode besteht.

Eine scholastische Interpretation der Permanenten Revolution

In seinen Thesen "Was ist nun die permanente Revolution?" schreibt Trotzki: "In Bezug auf die Länder mit einer verspäteten bürgerlichen Entwicklung, insbesondere auf die kolonialen und halbkolonialen Länder, bedeutet die Theorie der permanenten Revolution, dass die volle und wirkliche Lösung ihrer demokratischen Aufgabe und des Problems ihrer nationalen Befreiung nur denkbar ist mittels der Diktatur des Proletariats als des Führers der unterdrückten Nation und vor allem ihrer Bauernmassen". Und weiter unten: "Die Rolle der Bauernschaft, so groß sie auch sein mag, kann weder selbständig noch führend sein. Der Bauer geht entweder mit dem Arbeiter oder mit dem Bourgeois".

Wir haben gesehen, dass sich der Redakteur von "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution" davor hütet, eindeutig die Frage zu beantworten, wem der chinesische oder kubanische Bauer folgt, dem Bourgeois oder dem Arbeiter. Diese Frage ist aber wesentlich und für jeden, der ein Minimum an Respekt vor historischen Tatsachen hat, ist die Antwort klar. In China folgte der aufständische Bauer dem bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Intellektuellen, der vollkommen vom Proletariat abgeschnitten war, aber der als Brücke zwischen dem Bauer und dem Bourgeois diente, so wie es Trotzki 1932 vorausgesagt hatte. In Kuba waren die Klassenverhältnisse genau dieselben. Erst nach der Machtergreifung setzte auf dieser Basis die Notwendigkeit Maßnahmen für die Begrenzung des Privateigentums durch, Maßnahmen, die quantitativ und nicht qualitative anders waren als all jene Verstaatlichungsmaßnahmen, die in der überwiegenden Mehrheit der unterentwickelten Länder (und in einigen industriellen Ländern) getroffen wurden.

Aber mit der letzten Passage, die wir aus "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution" zitiert haben, sind wir in den Bereich einer scholastischen Argumentierweise gelangt, die unter verschiedenartigen Formen letztlich der ultimative Schutzwall ist, hinter den sich die Theoretiker des Vereinigten Sekretariats verschanzen, um ihre Position zu rechtfertigen.

Die geschichtliche und politische Analyse schmähend zieht es unser Autor vor, Trotzkis Formel einfach umzudrehen, mit dem Kopf nach unten und den Füßen in der Luft, und denkt, dass ihm das dazu berechtigt, über China zu schreiben: "Indem es den Imperialismus in die Flucht geschlagen hat, hätte das Kleinbürgertum (in den Augen von Lutte Ouvrière) das erreicht, zu dem die nationale Bourgeoisie historisch nicht fähig ist. Aber wenn man anerkennt, dass sie die schwache nationale Bourgeoisie ersetzt, dann muss man auch anerkennen, dass bürgerlich demokratische Revolutionen noch möglich sind, das heißt, die Grundfeste der Theorie der permanenten Revolution in Frage stellen<:i>". Und dieselbe Argumentation gibt es auch für den Fall Kuba: "Die Entwicklung der kubanischen Führung und Revolution zum Kommunismus im Prozess der Emanzipation von den USA bestätigt nur die permanente Revolution: Eine bürgerliche Revolution ist nicht mehr möglich, und noch unmöglicher ist, dass sich das Kleinbürgertum wie eine nationale Bourgeoisie verhalten könnte".

Sehen wir über die Verwechslung von Bourgeoisie und Kleinbürgertum hinweg: In der Tat haben wir geschrieben, dass die KPCh in China sowie die fidelistische Bewegung auf Kuba kleinbürgerliche nationalistische Führungen waren, was sogar für den Autor der besagten Broschüre nicht zu leugnen ist. Aber wir haben China, Kuba oder ein anderes Land nie als einen "kleinbürgerlichen" Staat bezeichnet. Die Staaten Chinas und Kubas sind "ganz einfach" bürgerliche Staaten.

Abgesehen davon können wir die gesamte Argumentation des Autors in drei Punkte zusammenfassen: Heutzutage ist eine bürgerliche demokratische Revolution nur unter der Führung des eine Diktatur errichtenden Proletariats möglich; China und Kuba haben eine bürgerliche demokratische Revolution durchgeführt; es handelt sich also um Arbeiterstaaten.

Die Aussage, "die wahre und vollständige Lösung ihrer demokratischen Aufgaben und der Aufgabe ihrer nationalen Befreiung", was nach Trotzki der Inhalt der bürgerlichen demokratischen Revolution ist, sei durch die Machtergreifung der KPCh in China und von Castro in Kuba gebracht wurden, ist zumindest fragwürdig. Unter sehr besonderen Bedingungen, besonders im Fall Chinas (der Zerfall des Regimes von Chiang Kai-shek, die Nicht-Intervention des Imperialismus, der nach dem Zweiten Weltkrieg anderswo beschäftigt war), stimmt es, dass das Regime von Mao Tse-tung, sowie jenes von Castro, einen Teil der Reformen der bürgerlich demokratischen Revolution durchgeführt hat, das betrifft vor allem die Landwirtschaft. Aber sie waren außerstande, einerseits, ein Regime der politischen Demokratie zu errichten, nicht einmal ein bürgerliches, und andererseits, ihrem Land die Perspektive einer wirklichen wirtschaftlichen Entwicklung zu eröffnen (die bei einem Arbeiterstaat mit der Perspektive der sozialistischen Weltrevolution verschmolzen wäre).

Aber das ist nur ein Aspekt des Problems. Und was schließlich viel schlimmer wäre, wenn diese Gruppen in den Ereignissen eine Rolle spielen würden, ist die Argumentation in ihrer Gesamtheit. Es ist der Versuch, die trotzkistische Analyse der permanenten Revolution von einem Aktionsleitfaden in eine Art historischen Fatalitätsgesetz zu verwandeln, das geradewegs in die Untätigkeit führt oder sie rechtfertigt.

Die permanente Revolution, ein Leitfaden für Revolutionäre

Als Trotzki die verschiedenen Texte schrieb, in denen er die Theorie der permanenten Revolution verteidigte, ging es ihm selbstverständlich nicht darum, zu versuchen, die Zukunft "vorauszusagen".

Im Jahr 1940 antwortete Trotzki in seiner "Bilanz der finnischen Ereignisse" übrigens den Kleinbürgern, die behaupteten, Trotzki hätte "vom Bürgerkrieg in Finnland die Klassennatur der UdSSR abgeleitet; der Bürgerkrieg ist nicht ausgebrochen; die UdSSR ist also kein Arbeiterstaat" (eine der Methode nach recht ähnliche Argumentation wie jene, mit der das VS die Arbeiternatur Chinas und Kubas von der permanenten Revolution ableitet):

"Jede historische Vorhersage ist bedingt, und um so konkreter sie ist, umso mehr Bedingungen hat sie. Eine Prognose ist kein Schuldschein, der an einem bestimmten Tag eingelöst werden kann. Eine Prognose skizziert nur bestimmte Entwicklungstendenzen. Aber zusammen mit diesen Entwicklungstendenzen wirkt eine verschiedenartige Anordnung von Kräften und Tendenzen, die in einem bestimmten Augenblick vorzuherrschen beginnt. Wer exakte Prophezeiungen konkreter Ereignisse sucht, sollte einen Astrologen befragen. Eine marxistische Prognose hilft nur bei der Orientierung".

Und wenn man die Reichweite und die Bedeutung der permanenten Revolution verstehen will, darf man nicht das Nicht-Eintreten einer Prognose von Trotzki (die Tatsache, dass die nationale Bourgeoisie der unterentwickelten Länder die Macht nicht ergreifen konnten) dazu verwenden, sie in ein die Analyse der sozialen Wirklichkeit ersetzendes "Gesetz" zu verwandeln, durch das diese Wirklichkeit sogar verneint werden kann.

Um die Reichweite und die Bedeutung der permanenten Revolution zu verstehen, muss man sich den geschichtlichen Kontext vergegenwärtigen, in dem diese Theorie ausgearbeitet worden ist.

Die Diskussion über die permanente Revolution hat historisch in zwei Etappen stattgefunden. In der ersten, um 1905 und in den Jahren danach, blieb sie so gut wie nur auf die russische Arbeiterbewegung begrenzt. In der zweiten, ab 1924, wurde sie vor der gesamten internationalen kommunistischen Bewegung geführt. Aber in beiden Fällen ging es vor allem um das Problem der Perspektiven, die sich den proletarischen Revolutionären in einem rückständischen kapitalistischen Land bieten. Das Werk Trotzkis war in den Jahren nach der stalinistischen Degeneration sowohl eine Verteidigung seiner Anschauung von 1905 als auch ihre Verallgemeinerung auf alle unterentwickelten Länder.

Bei der Diskussion von 1905 standen sich im Wesentlichen zwei Lager gegenüber. Auf der einen Seite die Menschewiki, die von der Rückständigkeit des zaristischen Russlands ableiteten, dass die kommende Revolution eine bürgerliche Revolution sein würde und die das russische Proletariat der nationalen Bourgeoisie als eine "Opposition seiner Majestät" unterordnen wollten. Auf der anderen Seite standen die Revolutionäre, welche die Vorstellung eines eigenständigen Eingreifens des Proletariats verteidigten, das unter eigener Fahne kämpfen würde, um zu versuchen, sich an die Spitze dieser Revolution zu stellen. So gesehen war die Art der Problemstellung dieselbe bei den Bolschewiki, die mit Lenin die Losung der "demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern" in den Vordergrund rückten, ohne dabei die genauen Beziehungen zwischen dem Proletariat und der revolutionären Bauernschaft nach der siegreichen Revolution definieren zu wollen, und Trotzki. Dieser erklärte, richtigerweise wie später durch die Erfahrung von 1917 bewiesen wurde, dass die Bauern außerstande sein würden, eine eigenständige politische Rolle zu spielen, und dass das russische Proletariat, trotz seiner zahlenmäßigen Schwäche, notwendig dazu gezwungen sein würde, im Laufe der Entwicklung der Revolution die politische Führung der Allianz zwischen Arbeitern und Bauern zu übernehmen, die Macht des Staates zu ergreifen, und sich auf den Weg der sozialistischen Revolution zu begeben.

Für die Bolschewiki wie für Trotzki ging es also nicht darum, zu versuchen, die Zukunft vorauszusagen, sondern Perspektiven zu entwerfen, nach denen die proletarische Partei seine Strategie und seine Taktik richten sollte.

"Die Marxisten", schrieb Trotzki 1906 in "Ergebnisse und Perspektiven", "haben nun eine ganz andere Aufgabe: die ,Möglichkeiten' der sich entwickelnden Revolution mit Hilfe der Analyse ihres inneren Mechanismus zu erkennen... Es ist möglich, dass das Proletariat in einem ökonomisch rückständigen Lande eher an die Macht kommt als in einem kapitalistisch fortgeschrittenen Land...

Unserer Ansicht nach wird die russische Revolution die Bedingungen schaffen, unter denen die Macht in die Hände des Proletariats übergehen kann (und im Falle des Sieges der Revolution muß sie dies tun), bevor die Politiker des bürgerlichen Liberalismus Gelegenheit erhalten ihr staatsmännisches Genie voll zu entfalten". Und in "1905", seiner Polemik mit den Menschewiki, die unentwegt dieselben Argumente über den bürgerlichen Charakter der russischen Revolution wiederkäuen, schrieb Trotzki: "Die simple Definition der russischen Revolution als eine bürgerliche Revolution sagt nichts über den Charakter ihrer inneren Entwicklung aus und bedeutet keinesfalls, dass das Proletariat seine Taktik dem Verhalten der bürgerlichen Demokratie, in ihrer Eigenschaft als einzige legale Bewerberin um die Staatsmacht anpassen muss".

Es wäre auf jeden Fall weder Lenin noch Trotzki in den Sinn gekommen, zu erklären, dass die politischen Fehler der Menschewiki keine Konsequenzen hätten, weil die innere Dynamik der russischen Revolution ihr "Hineinwachsen" in die proletarische Revolution garantieren würde (eine Politik, die heute tatsächlich die des VS im Bezug auf die Führung des Kampfes des vietnamesischen und kambodschanischen Volkes ist). Sie wandten sich im Gegenteil gegen die Menschewiki, um innerhalb der ganzen sozialdemokratischen Partei die Auffassung der Notwendigkeit einer unabhängigen Politik des Proletariats zu verteidigen.

Indem der Triumph der Oktoberrevolution von 1917 Trotzkis Ansichten bestätigte, beendete er für eine ganze Periode die Diskussion über die permanente Revolution. Diese wurde erst ab 1924 von der stalinistischen Clique wiederbelebt, einerseits als Kriegsmaschinerie gegen Trotzki, andererseits als Ausdrucksmittel der konterrevolutionären Strömungen, die mehr und mehr den sowjetischen Staat bevölkerten. Und wenn diese Diskussion auch formell als ein Wiederauferstehen der alten Meinungsverschiedenheiten zwischen Trotzki und Lenin vor zwanzig Jahren erschienen, bestand das Problem für Trotzki und für die ganze Linke Opposition darin, einen Kampf auszutragen, um die Notwendigkeit einer unabhängigen Politik des Proletariats der unterentwickelten Länder zu verteidigen.

Die Diskussion über die chinesische Frage stand in den Jahren um 1927 besonders im Zentrum der Debatte. Stalin und Bukharin, die unter dem Vorwand, der bolschewistischen Losung von 1905 von der "demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft" treu zu sein, der Kommunistischen Partei Chinas eine Politik der Abhängigkeit von der Kuomintang befohlen, und sich dabei noch zynischer an sie hängten als die Menschewiki bereit gewesen waren sich an die Kadetten zu hängen, entgegnete Trotzki die Erfahrung von 1917 und die Notwendigkeit für das chinesische Proletariat, seine organisatorische und politische Unabhängigkeit zu erobern und zu kämpfen, um die Führung der Bewegung der Massen in China an sich zu reißen.

Was Trotzki der Formel der "demokratischen Diktatur der Arbeiter und der Bauern", wie sie von Stalin 1927 verwendet wurde, vorwarf, war die Tatsache, dass sie "politisch zur Auflösung des Proletariats in den kleinbürgerlichen Massen beiträgt und dadurch die günstigsten Bedingungen für die Hegemonie der nationalen Bourgeoisie schafft..." ("Die permanente Revolution").

Zwei "Klassen"-Interpretationen der Permanenten Revolution

Der Redakteur von "Lutte Ouvrière und die Weltrevolution" fordert uns mehrfach auf, wenn wir daran festhalten, Staaten wie Maos China oder Kuba "bürgerlich" zu taufen, den Mut zu haben, unseren "Revisionismus" zuzugeben und die Theorie der permanenten Revolution in Frage zu stellen. Aber wir haben keinen Grund, diese Theorie in Frage zu stellen, aus dem einfachen Grund, dass, was uns betrifft, wir ihre Schlussfolgerungen immer noch als gültig bezeichnen. Wie die Bolschewiki, wie alle Trotzkisten vor dem Zweiten Weltkrieg, denken wir weiterhin, dass die Aufgabe der Revolutionäre in den unterentwickelten Ländern darin besteht, eine unabhängige revolutionäre Arbeiterpartei aufzubauen und für eine unabhängige Politik der Arbeiterklasse zu kämpfen. Wie sie verurteilen wir die nationalistischen Fronten jeglicher Art, die das ausschließliche Ziel haben, das Proletariat der nationalen Bourgeoisie unterzuordnen.

Zwischen unserer Analyse von China und Kuba und den Ausführungen Trotzkis zur Theorie der permanenten Revolution gibt es keinen Widerspruch, außer vielleicht die Tatsache, dass sich eine der Prognosen Trotzkis nicht erfüllt hat, was nur die Liebhaber der Astrologie stören kann.

Es gibt hingegen einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen der Theorie der permanenten Revolution und der Politik der Organisationen des Vereinigten Sekretariats in den unterentwickelten Ländern. Trotzki erklärte den Arbeitern, dass sie der liberalen Bourgeoisie auf keinen Fall Vertrauen schenken dürfen, nicht einmal, um die Aufgaben der bürgerlich demokratischen Revolution zu erfüllen. Die Organisationen des Vereinigten Sekretariats schenken ihr Vertrauen, sogar für die Erfüllung der Aufgaben der sozialistischen Revolution, und ordnen ihr das Proletariat unter.

Das ist kein Zufallsfehler. Der Triumph der stalinistischen Reaktion in der UdSSR und des Stalinismus in der internationalen Arbeiterbewegung bewirkte, dass über mehrere Jahrzehnte das Proletariat als solches nicht mehr die historische Bühne betreten hat. Diese neue Situation im Vergleich zur herrschenden Situation jener Epoche, in der Trotzki die Theorie der permanenten Revolution entwickelte, bot der Bourgeoisie der unterentwickelten Länder gewissermaßen einen großen Handlungsspielraum in seinen Versuchen, dem Einfluss des Imperialismus zu entkommen, eben weil sie die Gefahr einer proletarischen Revolution weniger fürchten musste. Aber die Prüfung dessen, was die Politik der Kommunistischen Partei Chinas bei der Eroberung der großen Städte war, und insbesondere die von ihr entfachten Repression gegen die Arbeiteravantgarde, allen voran die Trotzkisten (die Aktivisten der IV. Internationale), zeigt, dass das Problem mit der Waffe in der Hand gelöst worden wäre, hätte die Arbeiterklasse versucht, einzugreifen, um ihre eigenen Klasseninteressen zu verteidigen.

Genauso gewiss ist, dass es der christliche Kleinbürger Fidel Castro nicht gewagt hätte, sich dem amerikanischen Imperialismus derart zu widersetzen wie er es gemacht hat, wenn er gefürchtet hätte, auf einer anderen Front gegen eine Arbeiterklasse zu kämpfen, die für ihre eigenen Interessen kämpft.

Man kann davon ableiten, dass es ein Glück war, dass Mao und Castro diesen Handlungsspielraum gegenüber dem Imperialismus hatten, der ihnen das Fehlen der Intervention der Arbeiterklasse ermöglichte: Das ist die Ansicht der kleinbürgerlichen Nationalisten. Aber die Politik der proletarischen Revolutionäre ist im Gegenteil die, zu sagen, dass weder die Castros noch die Maos dem Imperialismus den Garaus machen können, dass sie gerade mal die politische Unabhängigkeit "ihres" Landes erobern können, aber nichts mehr, und dass ihre einzige Möglichkeit anschließend darin besteht, die arbeitenden Klassen auszupressen, wenn sie versuchen wollen, "ihre" Wirtschaft zu entwickeln. Die Politik der proletarischen Revolutionäre besteht darin, zu sagen, dass nur die Arbeiterklasse und die sozialistische Weltrevolution die Menschheit vom Imperialismus und alle unterentwickelten Länder aus der Misere und der Hungersnot befreien können.

Aber seit Langem schon haben die Organisationen des Vereinigten Sekretariats aufgehört, diese Politik in den unterentwickelten Ländern zu verteidigen. Seit Jahren besteht ihre Politik im niedrigsten Mitläufertum im Bezug auf die kleinbürgerlichen nationalistischen Führungen der unterentwickelten Länder, egal ob in China, Algerien, Palästina oder in Lateinamerika.

Ihre Interpretation der Theorie der permanenten Revolution, die von einem Aktionsleitfaden in eine Art überhistorische Fatalität verwandelt wird, dient ihnen nur zur Anbetung der vollendeten Tatsache. Die vietnamesische Nationale Front für die Befreiung ist nicht eine Organisation der Arbeiterklasse, sie kämpft nicht auf Basis eines sozialistischen Programms, sondern auf Basis eines eindeutig bürgerlich nationalistischen: unwichtig, sagt man uns, die innere Dynamik des Kampfes wird das Ding schon schaukeln. Die Vereinigte Nationale Front Steht so sehr im Gegensatz zu den Interessen der arbeitenden Klassen Kambodschas, dass sie bereit ist, Norodom Sihanouk seinen Thron zurückzugeben? Ohne Belang, da der "Prozess der permanenten Revolution" angelaufen ist.

Die Ironie der Geschichte will, dass die permanente Revolution, die geschmiedet worden war, um die Revolutionäre in der Verteidigung einer unabhängigen proletarischen Politik zu bewaffnen, heute als Rechtfertigung verwendet wird, von Leuten, die die genau umgekehrte Politik verteidigen, eine Politik, die sich grundsätzlich in Nichts von jener der Menschewiki in Russland oder von der stalinistischen Internationalen in China unterscheidet.

Die Wahrheit ist, dass diese Leute, ob sie es wollen oder nicht, aufgehört haben, zumindest in diesem Punkt, die Interessen des Proletariats zu verteidigen, um sich zu den Sprechern der gesamten kleinbürgerlich nationalistischen Kämpfe zu machen, die auf der ganzen Welt im Gang sind, ohne es allerdings zu schaffen, als solche von den Beteiligten angesehen zu werden.

Es ist also nur normal, dass sie uns eine "Unterschätzung der Rolle der intellektuellen Kleinbürger" vorwerfen, ein Unverständnis der "positiven Rolle, die unter gewissen Bedingungen gewisse Schichten spielen können, die von ihrer Herkunft kleinbürgerlich sind aber proletarische politische Positionen verteidigen".

Wir haben tatsächlich nicht dieselbe Auffassung von den intellektuellen Kleinbürgern und auch nicht von den sozialen Schichten kleinbürgerlicher Herkunft, so wie wir auch nicht dieselbe Auffassung von der permanenten Revolution haben. Aber es handelt sich nicht um Meinungsverschiedenheiten, die auf einfachen Fehlern unsererseits oder ihrerseits zurückzuführen wären. Es handelt sich hier auch um Klassengegensätze, zwischen einer Auffassung der permanenten Revolution, die ihrem proletarischen Ursprung treu ist, und einer Auffassung der nicht-proletarischen Revolution, angeführt und flankiert von einem von den Massen unabhängigen politischen Apparat, der grundsätzlich kleinbürgerlich ist, das heißt bürgerlich.