Die Türkei und die Europäische Union (aus Lutte de Classe - Klassenkampf - März 2005)

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Die Türkei und die Europäische Union
März 2005

Die Frage des Eintritts der Türkei in die EU hat vielen Politikern die Gelegenheit geboten, sich in eine polemische Debatte auf niedrigem Niveau zu stürzen, deren wirkliche Problematik sehr wenig Bezug zu der gestellten Frage hat. Soll man dieses vorwiegend muslimische Land mit 70 Mio. Einwohnern, dessen größter Teil nach zufälligen geografischen Kriterien in Asien liegt, den Beitritt zur EU erlauben oder nicht? Das ist für einen Teil der Politiker die Gelegenheit, wirkliche oder scheinbare Vorurteile eines Teiles der Bevölkerung zu ihrem eigenen politischen Nutzen auszuschlachten.

So bedeute das Zulassen dieses muslimischen Landes zur EU, das Verneinen der Europa gemeinsamen "christlichen Werte". Für Andere oder auch Dieselben, wäre die Türkei auf Grund der geografischen Lage oder seiner Geschichte wahrlich nicht "europäisch" und könne daher nicht dieselben "Werte" teilen, wie die anderen Länder der EU. Manche berufen sich auch auf die in diesem Lande wenig respektierten Menschenrechte, den Völkermord an den Armeniern 1915 und die Unterdrückung der nationalen Rechte der kurdischen Minderheit; so viele Sorgen, die lobenswert wären, wenn sie nur ernst gemeint wären, und wenn die Repräsentanten eines Staates wie etwa Frankreichs, nicht verantwortlich wären für viele Kolonialkriege, wie in Algerien, und mindestens einige Millionen Tote.

Worum es in dieser Debatte anrüchiger Politiker wirklich geht, ist nicht die Türkei und deren eventueller Anschluss an die Europäische Union: Diese stellt nur einen Vorwand dar. Das einzige Ziel ist, zu versuchen, jene Teile der Wählerschaft zu verführen, von denen man glaubt, dass sie beunruhigt seien von der Vorstellung, dass zahlreiche türkische Zuwanderer nach Frankreich kommen, die mehr oder weniger des islamistischen Fundamentalismus verdächtig sind, und von denen eventuell ein gewisser Teil von "Terroristen" rekrutiert werden könnte und damit eine Gefahr für die französische Bevölkerung darstellen könnte, etc.. Es handelt sich auch ganz einfach um den Versuch, sich auf lange bestehende nationalistischer Gefühle und eine Feindseligkeit gegenüber der muslimischen Welt und allgemeine Fremdenfeindlichkeit zu stützen, ja Europa vorzuwerfen, nichts anderes als ökonomische Globalisierung, Betriebsverlagerungen, verschärfte Konkurrenz zu Ländern mit niedrigen Lohnkosten, wirtschaftliche Krise und Arbeitslosigkeit zu bewirken.

Was stört es da schon den einen oder Anderen, wenn diese Debatte einige Widersprüche mit sich bringt? Man sieht, wie Chirac sich für den Eintritt der Türkei in die EU ausspricht, während seine eigene Partei, die UMP (etwa der CDU/CSU entsprechend), sich genau dagegen ausspricht, um so zu versuchen auf dem politischen Terrain der extremen Rechten mit Demagogen wie de Villiers und Le Pen zu konkurrieren. Im Oppositionslager sieht man auch den (ehemaligen Premierminister) Fabius sich dagegen aussprechen, während die Mehrheit der Führer der Sozialistischen Partei (SP) wiederum dafür ist. Das Wichtige für diese ehrenwerte Gesellschaft ist der Versuch, sich auf jene reaktionäre, vorurteilsgeladene Strömung zu stützen, die sie als "Stimmvieh" einschätzen. Wenn sie sich auch sagen, dass immer noch genügend Zeit verbleiben wird, um sich umzuorientieren, wenn sie morgen die politische Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen, die durch solche Polemik unter der Gürtellinie nur dazu beitragen kann, diese Entscheidung schwieriger zu machen.

Dies alles ist nur banaler Theaterrummel einer Politikerkaste, die dazu bereit ist mit Argumenten hausieren zugehen, und sich um so wilder in Polemiken zu stürzen, je mehr es sich um Scheindebatten handelt, von denen eine auch noch so winzige Klärung zu erwarten, worum es bei der Diskussion wirklich geht, völlig sinnlos ist.

Verhandlungen seit über vierzig Jahren

Politiker von der Art eines Sarkozy, die als Alternative zum Beitritt zur EU, die sie ja ablehnen, der Türkei eine "privilegierte Partnerschaft" vorschlagen, scheinen zu ignorieren, dass genau diese seit über vierzig Jahren schon besteht.

Tatsächlich hat die Türkei 1959, zwei Jahre nach den Verträgen von Rom, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (damals EWG) überhaupt erst begründeten, die "Assoziierung" beantragt. Und 1963 wurde zwischen der EWG und der Türkei ein Assoziierungsvertrag, das Abkommen von Ankara, unterzeichnet. Dieses sollte die Perspektive eines späteren Beitritts eröffnen. 1973 wurde ein Zusatzabkommen unterzeichnet, in dem die Forderungen für eine Übergangsperiode festgelegt wurden. Insbesondere sah es die progressive Absenkung der Zollbarrieren in einem Zeitraum von 12 bis 22 Jahren vor.

Der Staatsstreich vom 12. September 1980, der ein Militärregime an die Macht brachte, veranlasste die EU dazu, das Assoziierungsabkommen "auf Eis" zu legen, und die Beziehungen zu Ankara zu suspendieren. Diese wurden aber seit 1983 wieder aufgenommen, als die Türkei begann, sich von neuem eine parlamentarische Fassade zu geben. 1987 erneuerte die Türkei ihre Kandidatur zum Anschluss an die EU. Dieser Antrag wurde 1989 von der Europäischen Kommission wegen "politischer und ökonomischer Probleme" abgewiesen.

De facto blieben das Abkommen von Ankara (1963) und das Zusatzprotokoll (1973) mit der vereinbarten progressiven Senkung der Zollschranken zwischen der Türkei und der EU bestehen. Dadurch wurde auch die Unterzeichnung eines Abkommens über die Zoll-Union zwischen beiden im März 1995 möglich.

Das Abkommen trat am 1. Januar 1996 in Kraft und führte die tatsächliche Abschaffung der Ein- und Ausfuhr- Zölle für alle Industriegüter zwischen der Türkei und der EU herbei. Für Agrarprodukte oder andere von der Landwirtschaft abstammenden Produkte war eine Schätzung des "Industrie-Anteils" an ihnen vorgesehen, damit auch für diesen der Zoll wegfällt.

Seit dem Abkommen von Ankara 1963 war für die Führe der EU die Beseitigung der Zollschranken eine Grundvoraussetzung für die Eröffnung der Diskussionen über den EU-Beitritt der Türkei. In den Augen der europäischen Industriellen, lag das Hauptinteresse an diesem Land darin, einen Absatzmarkt für ihre Produkte zu schaffen, bevor überhaupt ernsthaft über die mögliche Vollmitgliedschaft in der EU diskutiert wurde: Sie verlangten von der Türkei, ihren guten Willen zu demonstrieren, indem sie die Grenzen für die EU-Waren öffnet.

In der Türkei selbst rief dieses Abkommen der Zollunion Meinungsverschiedenheiten besonders bei den Repräsentanten der Industrie hervor, die einerseits befürchteten, der Konkurrenz des EU-Marktes nicht standhalten zu können und andererseits jenen, die sich von der Öffnung dieses Marktes Vorteile versprachen. Doch seit langem schon hatte die von der türkische Unternehmer Vereinigung Tüsiad repräsentierte Unternehmerschaft, ihre Wahl getroffen und übte entsprechenden Druck auf die Repräsentanten des Staates und der verschiedenen politischen Kräfte aus, damit die Türkei die von der EU gestellten Bedingungen in Hinsicht auf ihre Mitgliedschaft akzeptiert, was natürlich auch einige Interessen lädierte.

Der erste Effekt der Zollunion bestand in einer Erhöhung des schon bestehenden Handelsbilanz-Defizites zwischen der EU und der Türkei. Das Handelsbilanz-Defizit gegenüber der EU stieg von 2 Milliarden Dollar 1994 und 5,78 Milliarden Dollar 1995, auf 11,59 Milliarden Dollar im Jahre 1995. Seither verblieb dieses Defizit all die folgenden Jahre, mit Ausnahme von 1999 und 2000, oberhalb von 10 Milliarden Dollar. Die Einkäufe des Landes an Investitionsgütern, Transportmitteln und Halbfertigprodukten werden bei weitem nicht durch seine Verkäufe landwirtschaftlicher Produkte ausgeglichen, um von manchen Industrieprodukten wie zum Beispiel elektrischen Haushaltsgeräten zu schweigen.

Ein gutes Geschäft für die europäischen Unternehmer....und die türkischen auch

Für die europäischen Industriellen bedeutet der Beitritt der Türkei zur EU überhaupt keine Gefahr, sondern ein gutes Geschäft. Und im Großen und Ganzen gilt das auch für die türkischen Industriellen selbst.

Auf jeden Fall beabsichtigen diese in keiner Weise, und die türkische Bourgeoisie hat in der Vergangenheit ebenfalls nie ernsthaft die Absicht gehabt, aus eigener Kraft eine nationale Industrie in Konkurrenz zu den Großunternehmen der imperialistischen Länder aufzubauen. Die türkischen Industriellen arbeiten schon seit langem im Rahmen von Gemeinschaftsprojekten mit europäischen oder amerikanischen Unternehmen, von denen sie abhängig sind, und denen sie daher einen Teil ihrer Profite überlassen müssen. Doch diese Profite steigen trotzdem, und seien es nur auf Grund des zunehmenden Handelsvolumens. Die türkischen Unternehmer kommen dabei auf ihre Kosten, und zwar sicherer, als wenn sie versuchten eine unabhängige Industrie unter dem Schutz der Zollgrenzen aufzubauen.

Andererseits exportieren seitdem die türkischen kapitalistischen Gruppen ihre Produkte in eine gewisse Zahl zentralasiatischer Länder, deren Markt durch den Zusammenbruch der UdSSR geöffnet wurde. Die Türkei wird von den europäischen Gruppen als Verbindungsland gesehen, das als Exportplattform in andere Länder dienen kann. Das Vorhandensein einer gut qualifizierten, reichlichen und billigen Arbeiterschaft, im Rahmen eines ausreichend autoritären Regimes, das den sozialen Frieden garantiert, ist die Türkei in der Tat ein geeigneter Ort zur Implantation von Filialen oder von "Joint Ventures", die ihrerseits in die verschiedenen Länder Zentralasiens und des mittleren Ostens exportieren können.

Es ist also die Anziehungskraft dieser Märkte, ganz abgesehen vom türkischen Markt selbst, worin die Anziehungskraft besteht, die die Investitionen in dieses Land lenkt. Für die europäischen Konzerne kann die Positionierung in der Türkei von strategischem Interesse im Wettkampf mit den USA werden. Besonders Frankreich ist der am stärksten vertretene ausländische Investor geworden, nachdem unter Mitterand in den 80`ger Jahren erkannt wurde, dass die Präferenz für Griechenland nur sehr begrenzte Perspektiven bot. Frankreich mit einem kumulierten Investitionsvolumen von insgesamt 5,7 Milliarden Dollar steht heute an der ersten Stelle in der Türkei.

Das französische Kapital ist besonders in der Textilindustrie, im Handelskettenbereich (Carrefour) und in der Automobilindustrie vertreten: Zum Beispiel die Renault Fabrik Oyak - Renault Bursa, einem Joint Venture mit dem Firmenkonglomerat Oyak, welches stark von der Armee abhängig ist und mit Finanzmitteln von deren Sozialversicherung und Renten aufgebaut wurde. Die Produktion von Oyak - Renault entwickelt sich in Richtung türkischer Markt und die benachbarten Märkte. Oyak ist ebenfalls mit der Versicherungsgruppe Axa verbunden und damit zu einer der wichtigsten kapitalistischen Gruppen der Türkei geworden, die mit dem europäischen Kapital verbunden ist.

Neben Renault ist auch Peugeot vermittels des Autobauers Karsan präsent, ebenso wie Fiat, verbunden mit dem Hersteller der türkischen Automarke Tofas sowie die wichtigsten Subunternehmen der europäischen Autokonstrukteure, wie Valeo zum Beispiel.

Die Geschäfte all dieser sowohl türkischen wie europäischen Kapital-Gruppen sind florierend. Als Kehrseite ist das Handelsdefizit der Türkei mit der EU verbunden mit dem Wachsen der Auslandsschulden und der Inflation, und auch mit chronischen Finanzkrisen und Kapitalflucht, wovon die Hauptlast auf den arbeitenden Klassen lastet.

Ein knallhartes Feilschen

Im Grunde könnten die Führer der EU sehr gut mit der von der Türkei akzeptierten Zollunion leben: Die französischen, deutschen, italienischen und britischen Industriellen und Finanziers sind bei weitem die Gewinner. Doch die türkische Bourgeoisie will sich damit nicht begnügen. Sie hat die Öffnung ihres Marktes für die EU nur im Rahmen eines Prozesses akzeptiert, der im Prinzip zum vollständigen Beitritt in die europäische Union führt.

Diese Anerkennung als Vollmitglied würde für sie eine gewisse Anzahl von Gegenleistungen bedeuten. Statt die Entscheidungen der Europäischen Union akzeptieren zu müssen, ohne sie anfechten zu können. Die Tatsache Mitglied zu sein, würde bedeuten, dass die Vertreter der türkischen Bourgeoisie in der Europäischen Kommission auch etwas zu sagen hätten, und dass ihre Repräsentanten im europäischen Parlament intervenieren könnten, dass ein Teil der EG - Gelder, die dazu bestimmt sind Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedsstaaten auszugleichen, auch an die Türkei fließen.

Aber genau das ist es, was die Führer der EU nur mit Widerwillen akzeptieren. Von türkischer Seite wird schon geklagt, dass selbst ein Teil der im Zollabkommen vorgesehenen finanziellen Kompensationen nicht überwiesen worden sind. Andererseits erfolgte die Anerkennung der Türkei als Beitrittskandidat erst durch den EU-Gipfel 1999, dass heißt drei Jahre nach in Kraft treten der Zollunion. Und schließlich hat erst im Dezember 2004 der EU-Gipfel von Helsinki, in der Zwischenzeit auf 25 Mitglieder angewachsen, wovon der Großteil erst viel kürzere Zeit Kandidat war als die Türkei, beschlossen, im Jahre 2005 die Beitrittsverhandlungen für eine Mitgliedschaft der Türkei zu beginnen, was wiederum in keinem Falle vor 2015 Wirklichkeit werden könnte.

Die Verhandlungen lassen sich für die türkischen Führer langwierig und schwierig an, sie sind sich bewusst, dass sie von nun an zu nicht gerade wenigen Konzessionen bereit sein müssen. Denn den europäischen Führern bereitet der Anschluss eines Landes wie die Türkei erhebliche Probleme und zwar von einer ganz anderen Größenordnung, als jene beim Anschluss einer gewissen Zahl kleiner zentraleuropäischer Länder, deren politisches und menschliches Gewicht in jedem Falle begrenzt war. Wie soll man einem solchen Land, das seinem demografischen Gewicht der BRD vergleichbar ist, in den Institutionen der Gemeinschaft nicht die gleiche Repräsentation zuerkennen wie Deutschland? Wie soll man es bewerkstelligen, dass dieser Beitritt das Monopol der reichen Länder des Westens wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, die sich anmaßen, die wichtigsten Entscheidungen unter sich auszuhandeln, nicht in Frage stellt?

Die europäischen Führer stellen der Türkei also jetzt schon zahlreiche Bedingungen. In ökonomischer Hinsicht wollen sie gesichert sehen, dass sich die türkische Produktion einer gewissen Zahl von europäischen Normen unterwirft, dass der Staat zur Privatisierung einer gewissen Zahl von Sektoren, die noch seiner Kontrolle unterliegen schreitet, dass die öffentliche Schuldenlast reduziert, die Inflation begrenzt wird, usw.

Dem schließen sich politische Bedingungen an. Eine davon ist die Zypernfrage. Während die Mehrheit der Bewohner Nordzyperns, des türkischen Teils also, der von der UNO vorgeschlagenen Wiedervereinigung zugestimmt hat, und die Mehrheit der Griechen (im Südteil der Insel) ihn abgelehnt hat, so ist es dennoch gerade der griechische Teil Zyperns der gerade als Vollmitglied der EU anerkannt wurde. Die 1995 mit der EU vereinbarte Zollunion sieht damit also vor, dass diese auch auf die neuen Mitglieder ausgedehnt wird. Das bedeutet, dass die Türkei mit dem seit der Teilung der Insel 1974 (durch die türkische Besetzung des Nordens) nun den griechischen Teil anerkennen muss mit dem seither sämtliche Beziehungen abgebrochen waren.

Der Eintritt in die EU zwingt der Türkei also, die alleinige Verantwortung für die Normalisierung der Situation in Zypern auf, und insbesondere die von ihr protegierte "Republik Nord - Zypern" fallen zu lassen, die aber damals von der Armee Ankaras erst geschaffen, und von keinem einzigen anderen Land anerkannt worden ist. Dies ist für die türkische Regierung ein schwer zu zahlender Preis, wo gerade die Zypernfrage im Lande der Vorwand für alle mögliche nationalistische Demagogie und Wahlversprechungen der extremen Rechten und auch von Teilen der Armee ist, die sich als Garanten der nationalen Integrität aufspielen.

In einem viel weiteren Sinne misstrauen die Frührer der EU der Türkei, nicht etwa wegen der muslimischen Bevölkerungsmehrheit, oder ihrer "Werte", die nicht "europäisch" wären, sondern wegen der politischen und sozialen Instabilität des Landes in der jüngeren Vergangenheit. So gab es in diesem Lande drei aufeinander folgende Staatsstreiche: 1960, 1971, 1980. Wenn sich die türkische Armee auch offiziell von der Macht zurückgezogen hat, so übt sie dennoch einen direkten Einfluss auf diese aus. Sie hat (allein bis 2005) einen 15 Jahre dauernden inneren Krieg gegen die autonomistische Guerilla der kurdischen PKK geführt, wovon der türkische Staat zutiefst brandig, korrumpiert, aufgespalten geblieben ist. Aufgespalten in diverse Mafiastrukturen, die sich ihren Anteil an den Einkünften aneignen. Nach dem Ende der 1980 eingeführten Militärdiktatur waren die 90`ger Jahre von einer Folge von Skandalen, politischen und finanziellen Krisen gekennzeichnet, worin die verschiedenen Parteien sich einen nach der anderen diskreditierten, und zwar die einen ebenso schnell wie die anderen.

Es ist diese Situation, die die europäischen Führer meinen, wenn sie von Einhaltung der Menschenrechte oder der notwendigen Respektierung der Demokratie reden. Ihre Sorge ist durchaus nicht die Respektierung der politischen und sozialen Rechte der Bevölkerung, die ihnen im Grunde gleichgültig ist. Dagegen machen sie sich Sorgen, ob der türkische Staat wirklich kontrollierbar ist, d.h., dass er ohne sich zu sträuben, den Interessen der türkischen als auch der europäischen Bourgeoisie gefügig ist, oder ob er eher den unpassenden Pressionen von Mafiastrukturen, ja auch Teilen der Armee unterliegt, die in ihren Vision einer Mission zur Verteidigung der Werte und Größe der Türkei leben. In dieser Hinsicht teilen sie die Sorgen des türkischen Unternehmertums und des Unternehmerverbandes Tüsiad. Letztere plädieren für das, was sie eine Modernisierung der Türkei nach europäischem Muster nennen. Sie sähen gerne den Rückzug der türkischen Armee aus Nordzypern, dessen Besetzung in ihren Augen unnötige Kosten darstellen. Manche fordern in derselben Weise und aus den gleichen Gründen, eine politische Lösung für Kurdistan, was die Anerkennung der kurdischen Minderheitsrechte und die Vermeidung künftiger Auseinandersetzungen beinhalten sollte, da diese ebenso teuer wie nutzlos sind.

Was die Kritik an der Korruption türkischer Politiker betrifft, so bezieht sie sich nicht moralische Gründe sondern, sondern die Sorge, der dadurch verursachten Kosten. Die Führer der Europäischen Union wollen nicht das ein Teil des EU Gemeinschaftsfonds durch Korruption verschlungen wird, da sie genug damit zu tun haben, die Wünsche ihrer eigenen Bourgeoisie zu erfüllen. Und wenn die türkischen Unternehmer die Korruption des Staates beklagen, dann geht es hierbei nicht um Korruption im allgemeinen, sondern darum, dass die türkischen Politiker sich als all zu gefräßig erweisen, und so die Geldmittel, die direkt oder indirekt in den Taschen der Unternehmer landen sollten, in denen der Politiker verschwinden.

Dies sind die wirklichen "ökonomischen und politischen Probleme", die den Führern der EU Sorge machen wenn sie die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beginnen. Es handelt sich für sie nicht um "Werte" christlicher oder anderer Art, sondern um Finanzwerte und konkrete Verhandlungen/Feilschereien über die Kosten, die diese Operation für die einen und anderen kosten wird, und die konkrete Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit der Vermittler.

Die Regierung Erdogan

Auf türkischer Seite ist mit dem Regierungsantritt der AKP, einer wie man sagt "gemäßigt islamistischen" Partei, im November 2002 in politischer Hinsicht eine relativ neue Situation entstanden.

Die von Recep Tayyib Erdogan geleitete AKP hat von der außerordentlichen Diskreditierung ihrer Vorgänger profitiert. Die DSP, die "Partei der Demokratischen Linken" von Ecevit, die 1999 mit 21 % der Wählerstimmen an die Regierung kam, erhielt 2002 nur noch 1,23 %, nachdem sie vier Jahre lang mit der rechts-extremen MHP zusammengearbeitet hatte. Letztere fiel unter die 10 % Hürde, die einen Parlamentsabgeordneten ermöglicht. Die nationalistische Demagogie, das eigentliche Zusammenwirken der DSP und der MHP, hatte keinen Erfolg bei den Wählern. Andererseits war die DSP - MHP - Regierung im Februar 2001 vom Ausbruch einer schweren Finanzkrise gebrandmarkt, an deren Kosten die ganze Bevölkerung schwer zu tragen hatte. Die türkischen Wähler schienen also besonders auf der Suche nach ein wenig vertrauenswürdigeren politischen Führern zu sein, die weniger Neigung zur Korruption und ein bisschen mehr Interesse an den Problemen der Bevölkerung haben sollten.

Die AKP (Partei der Gerechtigkeit und Entwicklung) war von jungen Kadern der alten islamistischen Parteien gebildet worden, die begierig waren an die Regierungsgeschäfte zu kommen. Sie genossen die Unterstützung und Finanzierung eines Teils der Unternehmer, hatten Überläufer ehemaliger Mitglieder der Rechtsparteien wie ANAP und DYP, und erreichten Dank des Wahlsystems mit 34,26 % der Wählerstimmen die absolute Mehrheit im Parlament. Nach einer ununterbrochenen Serie von Skandalen der Vorgänger-Regierungen war es für die AKP nicht all zu schwierig den Eindruck einer neuen Kraft mit sauberen Händen zu erwecken. Erdogan selbst aus einem der Armenviertel Istanbuls hervorgegangen, konnte sich als neuer Mann präsentieren, als ehrlich und einfach, der sich hauptsächlich um die Sorgen seiner Mitbürger kümmern würde. Er bewahrte sich einen gewissen Grad von islamistischem Fundamentalismus und Verdienste um den Islam, was dazu geeignet war, einen Teil jener Bevölkerung, und auch einfache Leute, anzulocken, die in der Religion einen Faktor der Ordnung, des sozialen Ausgleichs und der Ehrbarkeit sehen, und dabei jeden Radikalismus misstrauen.

Diese neue politische Generation "islamistisch Gemäßigter" profitierte von einem positiven Vorurteil, welches sich aus ihrer Verankerung in den religiösen Assoziationen, welche in den Stadtvierteln auf der Ebene gegenseitiger Hilfe und Unterstützung der Armen, stark präsent und wirksam waren. In verschiedenen Kommunen waren die islamistischen Parteien in der Lage zu zeigen, dass sie diese erfolgreich leiten können, und auf jeden Fall mit mehr Ehrlichkeit als ihre Vorgänger. Sie konnten also jedem der es hören wollte, dass sie nichts anderes wollten, als eine islamistische Version der Demokratie zu verwirklichen, die den christlichen in verschiedenen westlichen Ländern gleicht. Sie versuchten das Land nach konservativen Werten ohne extremistische Exzesse zu lenken. Dank relativ gut laufender Geschäfte ein gewisses soziales Gleichgewicht zu gewährleisten, und dabei keinesfalls die aller Ärmsten vergessend.

Man kann sich fragen, wie lange solche Reden angesichts der bestehenden Realität glaubhaft bleiben. Aber Tatsache ist, dass die Regierung Erdogan sich bisher weniger schnell in Misskredit gebracht hat, als ihre Vorgänger. Außer der Tatsache, dass sie - bisher - weniger korrupt erscheinen, profitieren sie auch von einer relativ günstigen ökonomischen Konjunktur für die Türkei und einer Verlangsamung der Inflation von vorher jährlich 100 % auf nunmehr 20%.

Fügen wir hinzu, dass 2003, während der Entfesselung des Irakkrieges, indem sie mit der bisher üblichen Unterwürfigkeit gegenüber der US-Regierung brachen, haben die "gemäßigten Islamisten" die Stationierung und Passage amerikanischer Soldaten auf türkischem Boden untersagt, so dass keine zweite Front von der türkischen Grenze aus eröffnet werden konnte. Dies war ein politischer Schachzug, im Grunde relativ einfach, da nicht nur die europäischen Mächte selbst sich, zumindest in Worten, gegen das militärische Abenteuer stellten, sondern auch praktisch die gesamte türkische öffentliche Meinung so dachte. Dies war auch die Gelegenheit, die europäische Gesinnung zu demonstrieren, indem die Regierung auf billige Weise die traditionelle und unpopuläre Bindung an die USA brechen konnte.

Heute, nachdem er erreicht hat, dass die Diskussionen um die die Beitritts-Verhandlungen mit der EU 2005 beginnen, kann sich Erdogan als jemand präsentieren, der die Sache der Türkei zum EU-Beitritt einen guten Schritt vorangebracht hat, was er als Garantie für Frieden, Stabilität und Fortschritt des Landes präsentiert. In diesem Punkt stimmt er mit der Mehrheit der öffentlichen Meinung der Türkei überein: Umfragen haben ergeben, dass 70 % bis 80% für den Beitritt sind. Dafür gibt es nahe liegende Gründe, denn von kaum einer türkischen Familie ist nicht ein (oder mehrere) Mitglied(er) nach Deutschland, Großbritannien oder Frankreich ausgewandert. Aber vor allem ist in der Türkei die Meinung vorherrschend, dass der EU-Anschluss notwendiger Weise für die gesamte Bevölkerung eine Verbesserung des Lebens herbeiführen werde.

Jedoch droht, dass die Schwierigkeiten später beginnen werden. Erstmal sind die gewohnten Altlasten der türkischen Politik und Wirtschaft nicht wie durch ein Wunder Dank des Sieges der "moderaten Islamisten" verschwunden. Die Inflation, die Korruption und die schlechte Verwaltung von Staat und Gesellschaft, die Schäden durch die Mafias in Staat und Wirtschaft, die vorübergehend durch die gute Konjunktur in den Hintergrund traten, können jederzeit wieder verstärkt sichtbar werden. Die Unterstützung für Erdogan's europäische Orientierung kann sich im Laufe der Beitrittsverhandlungen vermindern, wenn die EU ihre Bedingungen stellt, und Erdogan den unteren Volksschichten die Rechnung für den Beitritt präsentiert. Die nationalistische Demagogie der extremen Rechten oder die politischen Manöver von Teilen der Armee können von neuem einen günstigen Nährboden finden. Die politische Instabilität zusammen mit einer neuen Wirtschafts- und Finanzkrise können zu Buche schlagen. Eine Verschlechterung an den Grenzen zu Irak und in Zypern kann reichlich Zündstoff bieten für neue Wahlversprechungen und für eine Destabilisierung der Regierung.

Die Bourgeoisie und die Vereinigung

Die Frage des EU-Beitritts hat also nicht aufgehört, sowohl innerhalb der EU als auch der Türkei Diskussionen und Polemiken hervorzurufen, aber im Grunde, und selbst wenn der Fall Türkei einige Besonderheiten enthält, so stellt sich die Frage in der selben Art, wie sie sich bei anderen Ländern stellte, die kürzlich der EU beigetreten sind.

Die großen Unternehmen, die Märkte, das Bewirtschaften der Reichtümer, der Produktion existieren heute auf kontinentaler und de facto selbst auf Weltebene. Die Wirtschaft der ganzen Welt stellt eine Einheit dar, und die von der Bourgeoisie im Laufe ihrer Geschichte gezogenen nationalen Grenzen sind seit langem ein Hindernis des Funktionierens und der Entwicklung der Produktivkräfte.

Die herrschenden Klassen sind selbst gezwungen, die Rolle der Grenzen in Frage zustellen, und zu versuchen viel größere Wirtschaftsräume zu errichten, selbst wenn sie versuchen die Grenzen zu erhalten, da sie die Garantie sind für nicht wenige Vorteile sind, um nur mit denen der politischen Macht zu beginnen. Die Gründung der EU und ihre Erweiterung, die Tatsache, dass Länder wie die Türkei oder auch andere den Beitritt wünschen, sind Ausdruck der internationalen Tendenzen der Wirtschaft, die die herrschenden Klassen in Rechnung zu stellen gezwungen sind.

Die Union ist also zögernd und mühsam und in einem Prozess voller Widersprüche und Rückschläge mit mehr oder weniger gutem Willen der Bourgeoisien der verschiedenen Länder gegründet worden. An jeder Etappe war es ein kniffliges Schiedsverfahren zwischen der Notwendigkeit, einen ausreichend großen Wirtschaftsraum zu schaffen, und dem Wunsch eines jeden Staates, die Vorteile seiner herrschenden Klassen zu retten.

Es ist wahr, die Türkei und die Mehrzahl der osteuropäischen Länder, die gerade der EU beigetreten sind, gehören zu den unterentwickelten Ländern Europas, und sind schon seit sehr langer Zeit abhängig von den großen imperialistischen Ländern des Westens, denen sie als Arbeitskräfte- und Landwirtschafts-Reservoir, als Absatzmärkte und Investitionsraum dienen. Dieses ökonomische Kräfteverhältnis setzt sich natürlich bei den Beitrittsverhandlungen durch, wo die großen, die EU dominierenden Staaten in der Lage sind, ihre Bedingungen der Türkei zu diktieren, und auch nicht darauf verzichten dies zu tun, wie sie es übrigens auch bei den letzten Beitrittskandidaten taten.

Diese Situation liefert jenen in der Türkei Argumente, die sich dem Beitritt aus nationalistischen Gründen widersetzen. Dies ist der Fall bei der extremen Rechten und bei Teilen der Armee, aber man sieht auch wie ein Teil der Linken, der Gewerkschaften und der extremen Linken den Beitritt als Unterwerfung unter den Imperialismus Deutschlands, Frankreichs und ihrer Helfershelfer verurteilen.

Doch die Abhängigkeit der türkischen Wirtschaft vom amerikanischen und europäischen Imperialismus ist eine von der Existenz der EU, dem Beitritt dazu oder nicht, völlig unabhängige Tatsache. Die Tendenzen innerhalb der türkischen Bourgeoisie, die zum Beitritt in Opposition stehen, zeigen keinen Weg, wie sie aus dieser Abhängigkeit herauskommen könnten. Sie tun es entweder, um zu versuchen bestimmte Sonderinteressen zu verteidigen, die sie vom Beitritt bedroht sehen, oder aus einer proamerikanischen Entscheidung gegen die EU. Die großtürkischen Ideologie, die auf der Idee basiert, aus eigenen nationalen Kräften eine starke Wirtschaft zu entwickeln, die es erlauben würde, die Gesamtheit der türkischsprachigen Bereiche Asiens bis zur chinesischen Grenze unter seiner Führung zu einigen und zu beherrschen, hat sich als eine Utopie der halbfaschistischen extremen Rechten entlarvt, die sie selbst kaum noch zu erwähnen wagt. Es ist sicherlich nicht die Aufgabe von Arbeiteraktivisten oder der extremen Linken, diese Illusionen -selbst in anderer Form- wieder zu beleben.

Die Zukunft gehört der Aufhebung der Grenzen

Wer einen revolutionär-proletarischen Standpunkt verteidigen will, für den gehört die Zukunft der vollständigen Einigung Europas und der Abschaffung aller Grenzen, weit über die aktuelle EU hinaus. Man muss daher alles, was der Einigung Europas dient, als positiv betrachten, auch wenn es im Interesse der Kapitalisten geschieht, so erleichtert es doch den Verkehr der Menschen und trägt zu engeren Beziehungen zwischen den Völkern bei. Von diesem Standpunkt aus gibt es keinen Grund, sich dem Eintritt der Türkei oder auch irgendeines anderen Landes zu widersetzen.

Als revolutionäre Aktivisten innerhalb der EU haben wir uns offensichtlich nicht über die "europäischen" oder "christlichen Werte" der EU Gedanken zu machen. Soweit sie existieren, und selbst angenommen sie könnten als "Werte" betrachtet werden, so sind sie auf jeden Fall nicht das Problem. Wir sind Anhänger der Beseitigung der Grenzen, die die Völker trennen, und die nur Überbleibsel einer längst überwundenen Vergangenheit sind.

Und ebenso ist es für revolutionäre Aktivisten in der Türkei: Der Antiimperialismus kann nicht darin bestehen, sich dem Beitritt zu widersetzen, vielmehr muss er sich in konkreten Forderungen ausdrücken, die von den Interessen der Arbeiter ausgehen.

Heute ist die türkische Arbeiterklasse wie die Mehrheit der Bevölkerung ohne Zweifel für den Beitritt und verbindet damit die Hoffnung, dass dieser zu einer wirtschaftlichen Besserung und besseren Respektierung der individuellen Rechte eines jeden führen könne. Viele Arbeitenden kennen Westeuropa, sei es, weil sie sich selbst dorthin begeben konnten, sei es vermittels eines Verwandten, der dorthin emigriert ist und ihnen sein Gefühl vermittelte. Jeder weiß, dass die Löhne dort höher sind, und dass die Beschäftigten dort mehr Rechte besitzen. Aber in der türkischen Arbeiterklasse herrscht auch das Bewusstsein, dass ein Arbeiter dort nicht verachtet wird: Sein Unternehmer kann ihn nicht wie einen Sklaven behandeln, ihn ohne irgendeine Begründung einfach von einem auf den anderen Tag entlassen, oder gar manchmal prügeln; es existieren soziale Rechte, die man einfordern kann, Institutionen die sie garantieren, und in denen der Arbeiter respektiert wird.

Die Tatsache allein, dass dies allgemein bekannt ist sagt schon viel aus, nicht so sehr über die Lage der Arbeiterklasse in den westlichen Ländern, sondern vor allem über die Arbeiterklasse in der Türkei, und über das Empfinden, das sie von der Situation hat. Sicherlich sind auch Illusionen über die Lage der Arbeiter in den entwickelteren Ländern Europas darin enthalten - selbst wenn die wirtschaftliche Lage wesentlich besser ist als in der Türkei. Sprechen wir nicht von der Illusion, dass es leichter sein wird nach Deutschland oder Frankreich auszuwandern und dort bessere Arbeitsbedingungen zu finden: Die Führer der EU haben den neuen und zukünftigen Beitrittsländern schon klar gemacht, dass der Anschluss nicht automatisch von der freien Zirkulation von Menschen zwischen diesen Ländern und der EU begleitet sein wird: Die Waren werden frei zirkulieren können, aber Frankreich, Deutschland, Italien behalten weiter das Recht die Zirkulation von Menschen zu kontrollieren und zu behindern, und ganz besonders die Einwanderung türkischer Arbeitenden.

Trotzdem haben die Revolutionäre keinen Grund, sich dieser vorherrschenden Meinung entgegenzustellen, die im Grunde die Wünsche der Arbeiter ausdrückt. Wenn die Illusionen natürlich auch zu bekämpfen sind, so jedenfalls nicht, indem man ihnen irgendeinen Rückzug auf eine nationalistische Selbstisolierung entgegenstellt. Um es noch mal zu betonen, der Anschluss an die EU kann positive Aspekte enthalten, aber die Eroberung neuer Rechte für die Arbeiter folgt nicht aus diesem Beitritt, den die türkische Bourgeoisie nur für ihre eigenen Interessen will. Durch den gemeinsamen Kampf der türkischen und anderen europäischen Arbeiter müssen die gleichen Rechte für alle gefordert werden, und es muss erzwungen werden, dass die Löhne und Arbeitsbedingungen in Europa sich nicht auf dem niedrigsten Niveau angleichen, sondern auf dem höchsten Niveau, wie es zum Beispiel in Deutschland erreicht ist. Und dieses Niveau muss auch für die anderen Länder erkämpft werden. Was die Kosten des Beitritts zur EU angeht, muss man auch dafür kämpfen, dass nicht die türkische und europäische Bourgeoisie versucht, die Kosten auf die Arbeiter abzuwälzen und die Gewinne für sich allein zu behalten.

In solchen Kämpfen kann ein wirkliches Europa der Arbeitenden entstehen, eine Arbeiterklasse, die sich ihrer gemeinsamen Interessen auf der Ebene eines Kontinentes und auch darüber hinaus bewusst ist. Hier genau haben die türkischen Werktätigen ihren Platz.