Lassen wir nicht zu, dass unsere Klassenfeinde die Arbeitenden gegeneinander ausspielen!

Εκτύπωση
Januar 2015

(Dieser Text ist der Leitartikel der Betriebszeitungen von Lutte Ouvrière vom 12. Januar 2015, die unmittelbar nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt verteilt wurden)

Der Horror der Anschläge hat die Bevölkerung erschüttert. Am Wochenende der 10. und 11. Januar haben Millionen Frauen und Männer ihre Empörung geäußert. Aber im Namen der nationalen Einheit versuchen die Führungsspitzen, die Situation für ihre Zwecke auszunutzen. Und für die Arbeitenden ist es eine Falle.

Ja, diese Mörder sind Barbaren. Sie haben die Redaktion von Charlie Hebdo dezimiert, unter dem Vorwand, dass diese Zeitung Blasphemie verübt hatte. Dabei haben sie auch einen Wartungsarbeiter und einen Polizisten getötet. Sie haben vier Personen ermordet, weil sie jüdischen Glaubens waren. Diese Leute sind nicht nur Feinde der Meinungsfreiheit, sie sind Feinde der bloßen Freiheit und somit Klassenfeinde.

Man muss sie bekämpfen im Namen der Interessen der Arbeitenden, denn die Gewalt, die sich gegen jegliche abweichende Äußerung richtet, wird vor allem die ausgebeuteten Klassen betreffen, ihre Freiheit zu protestieren, sich zu organisieren und Forderungen zu stellen, unabhängig von Herkunft, Religionsbekenntnis oder Nationalität. Genau das ist im schrecklichen Bürgerkrieg der 90er Jahren in Algerien passiert. Dieselben Leute hatten zuerst die Journalist/inn/en, dann die Feminist/inn/en und die Gewerkschaftler/innen angegriffen.

Für sie ist Religion nur ein Instrument im Kampf um die Macht. Sie benutzen den Islam und die religiösen Unterschiede, um einen blutigen Graben aufzureißen und um sich durch Schrecken als die einzigen Vertreter durchzusetzen, von dem, was sie ihre "Gemeinschaft" nennen. Gegen diese werdenden Diktatoren müssen die Arbeitenden eine einzige Gemeinschaft erkennen: die der Arbeitenden und Ausgebeuteten aller Länder.

Jeder Aufruf zu einer heiligen nationalen Einheit muss zurückgewiesen werden. Wie die amerikanische Regierung, die die Aufregung nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 ausgenutzt hatte, um in den Krieg in Afghanistan und dann in Irak zu ziehen, will Hollande die Aufregung ausnutzen, um die Interventionen im Mali, Zentralafrika und Irak zu rechtfertigen. Im Namen des Kriegs gegen den Terror will er die kommenden militärischen Abenteuer im Vorhinein legitimieren.

Aber wer verbreitet die Barbarei überall in der Welt? Die Dschihadisten-Banden, die Teile vom Nahen Osten und Afrikas terrorisieren und die versuchen, hier zu agieren, kommen nicht von irgendwo her. Sie sind die Früchte der abscheulichen Politik und der Kriege, die die Großmächte Mächten in Libyen und in Irak verüben, um ihre Herrschaft durchzusetzen.

"Das ist eine Kriegserklärung", hört man seit den Anschlägen. Frankreich ist aber seit Langem im Kriegszustand. Die Palästinenser und die Israelis sind seit einem halben Jahrhundert im Kriegszustand!

Die großen Machte plündern, bombardieren ganze Regionen für die Interessen ihrer kapitalistischen Konzernen. In den unterdrückten Ländern verbreiten sie Verbitterung, Ungerechtigkeit und Schrecken. Heute holt uns genau diese Gewalt ein, denn die Barbarei erzeugt die Barbarei. Um sie zu bekämpfen, muss die kapitalistische Gesellschaft infrage gestellt werden.

Am Sonntag, den 11. Januar haben Millionen Leute für Freiheit und Toleranz demonstriert. Und was hört man vonseiten Hollande, Valls und Sarkozy? Dass wir mehr Sicherheitsmaßnahmen brauchen, dass wir die Regeln gegen die Einwanderung verschärfen müssen. Und, was noch schlimmer ist, behauptet die Front National, dass man die Todesstrafe wieder einführen sollte!

Wie viele Gesichtskontrollen, wie viele Jugendlichen von den "Banlieues", die mit dem Rassismus und dem allgemein verbreiteten Argwohn, wird es geben, nur wegen ein paar Lumpen, die von Terroristengruppen rekrutiert wurden? Was diese Jugendlichen brauchen, sind nicht mehr Gefängnisse, die erste Quelle neuer Mitglieder für die Dschihadisten, sondern Arbeit und Erziehung. Sie brauchen eine Gesellschaft, die jeder und jedem Perspektiven anbietet.

Die legitime Emotion muss dem Klassenbewusstsein und dem Klassenkampf Platz machen, denn alle Einzelteile eines für die Arbeitenden tödlichen Mechanismus sind da.

Im Namen des Kampfes gegen den Terror will man uns zwingen, uns hinter die so genannten demokratischen Regierungen in einer Reihe aufzustellen, die aber in Wirklichkeit die Welt mit Feuer und Schwert verwüsten. Am 11. Januar hat Hollande die Bevölkerung hinter afrikanischen Diktatoren wie Bongo oder Staatsterroristen wie dem israelischen Premier Netanyahu marschieren lassen. Eine gute Zusammenfassung seiner Politik.

Nun, lassen wir uns in diese "nationale Einheit" nicht eingliedern! Lassen wir weder Hollande, noch Sarkozy, noch Le Pen im Namen der Arbeitenden sprechen!

Wir sind alle Arbeitende, egal welcher Herkunft. Es ist lebenswichtig, dass wir, Arbeitende, Ausgebeutete, Unterdrückte, uns als eine von unseren Interessen vereinigte Klasse wahrnehmen, um uns nicht nur gegen unsere Ausbeuter zu wehren, sondern vor allem gegen ein kapitalistisches System, das die Menschheit in die Barbarei sinken lässt.

12. Januar 2015